Report Datenbank php 7.x aufrufen Wir bauen ein Schiff
Rundschau Nr.36, 1969
Wir bauen ein Schiff
In der Reihe "Informationen" dieses Heftes werden einige nüchterne Daten über den Neubau eines Spezialschiffes für seismische Seemessungen angeführt. Doch bevor wir hierzu in der Lage waren, sahen wir uns etwa vor die folgende Situation gestellt:

Das Projekt
Wir bauen ein Schiff
Wenn man einem Kapitän zumutet, einen seismischen Trupp für die Sahara auszurüsten, dürfte das etwa so spaßig werden, als wenn ein Geophysiker ein Schiff baut.

Am Anfang hatten wir geglaubt, daß es genügt, sich einen Fachmann zu suchen, der etwas vom Schiffsbau versteht und ihm zu sagen, was wir mit dem Kahn vorhaben. Es genügt nicht - oder höchstens, um sich ein Bündel weiß gewordener Haare auszuraufen! Dieser Mann entwirft zweifelsohne ein Schiff - unter Umständen sogar ein schönes Schiff - und wenn man Glück hat, befindet sich auf diesem Schiff ein ganz kleiner Raum für ganz kleine seismische Instrumente. Gegen alles andere erhebt die SBG, der GL oder das BVM - wir wissen auch nicht, was das heißt - ohnehin Einspruch.

Also fragt man den Elektroniker nach seinen Ideen. Ideen haben diese Leute ja immer, und in diesem Fall hatten sie festgefügte Vorstellungen von einem Meßsaal und mehreren übereinander angeordneten Arbeitsdecks, die man allenfalls auf einem der neuen 280 OOO-t-Tanker hätte unterbringen können.

Und dann kamen die Seemeßexperten, die sich schon lange kopfschüttelnd gewundert hatten, warum wir sie wegen dieses Schiffes nicht eingehend vernehmen wollten, und konstruierten den Dampfer nach den langjährigen Erfahrungen einer kürzlich eingeführten Meßtechnik. War das eine Erlösung! Endlich hatten wir klare Vorstellungen von Meßschiffen, wie sie sich die Männer der Praxis wünschten! Vier sturmerprobte Haudegen legten ihre Konstruktionen vor, und wenn wir die Absicht gehabt hätten, vier Meßschiffe zu bauen, hätte jeder wenigstens eines davon für brauchbar gehalten. Aber ein einzelnes Schiff war daraus nicht zu machen. Die Praktiker kochten den Brei weiter, stellten Grundsätze auf und stießen sie wieder um und hatten schließlich ein Rezept. Vorsichtshalber haben wir die Schiffsbauversuchsanstalt nach ihrer Meinung gefragt.
Die Leute sind Kummer gewohnt und meinten:
"Wenn das Ding schwimmt, wird es wohl auch ein Schiff sein".

Es schwamm nicht!

Wir haben nun doch eine Werft beauftragt, aber das Schlimmste steht uns noch bevor.

Die Werft ist sicher, daß der Kahn keine Ähnlichkeit mit einem soliden Seeschiff hat. Der Elektroniker glaubt angesichts des Platzes, der ihm bleibt, nicht mehr an einen Erfolg der Seemessungen, und die Praktiker stellen wieder einmal fest, daß sie Recht haben mit der Behauptung, daß die Zentrale keine Ahnung hat.

R. Garber