PRAKLA-SEISMOS Report 3 / 1972  
 
Migration
 
Der Artikel "Die inverse Migration" in unserem Report 2/72 hat nicht nur bei unseren Mitarbeitern das erwartete Interesse gefunden, sondern auch bei einigen unserer Auftraggeber, soweit uns bislang bekannt geworden ist. Dieses Interesse veranlaßt uns, an die Figur 5 dieses Artikels anzuknüpfen, mit deren Hilfe wir die physikalischen Grundlagen des Migrationsprozesses erläutert haben. Außerdem waren wir sehr neugierig, wie das seismische Bild der dargestellten geologischen Situation aussehen würde.

Das "korrelationsgewohnte" Auge des Seismikers ist in der Lage, Bilder, die miteinander verglichen werden sollen, mehr oder weniger exakt aufeinander zu beziehen, auch wenn sie nebeneinander oder untereinander liegen ; der beste Vergleich ist aber erst dann möglich, wenn die Bilder zur Deckung gebracht werden. Wir tun dies normalerweise auf einem Leuchttisch, den wir unseren Lesern jedoch nicht mitliefern konnten. Trotzdem ist es uns gelungen, mit geringem Aufwand etwa den gleichen Effekt zu erzielen.

Wir haben also unser Modell aus der Prinzipskizze Figur 5 in den Computer eingegeben und das " geologische Profil" (Figur 1) erhalten, das auf den Seiten Nr. 12 und Nr. 13 abgebildet ist. Der Seismiker wird unschwer erkennen, daß sich dieses Modell an norddeutsche Verhältnisse anlehnt: ein Salzstock, der vom Tertiär (mit einem Grabeneinbruch auf seinem Top) überlagert wird und an den sich eine Schicht aus dem Mesozoikum anlagert. Die Salzstockflanke ist in viele einzelne Punkte " aufgelöst", um die von ihnen ausgehenden Hyperbeln sichtbar machen zu können. Die seismische Abbildung (Figur 2) und ihre Migration (Figur 3) haben wir nun nicht daneben oder darunter abgedruckt, sondern auf Transparentpapier so abgebildet, daß sie jeweils mit der Figur 1 genau zur Deckung gebracht werden können.

Wenn wir nun Figur 2 für sich betrachten, fällt uns zunächst das wirre Bild der " Salzstockoberkante" auf. Jeder Seismiker, der diese Impulskurven sieht, wird zunächst an Diffraktionen und damit an Störungen denken und versuchen, diese mit den eindeutigen Störungen im Tertiär in Einklang zu bringen. Dies ist jedoch nicht ohne Widerspruch möglich.

In einer umfangreichen Testreihe haben wir nun festgestellt, daß selbst sehr erfahrene Seismiker nicht ohne weiteres auf die richtige Lagerung der "Salzstockoberkante" geschlossen haben, weil das Erkennen der gekrümmten Impulsreihen als " Umkehrfiguren" (siehe Figur 3 in " Die inverse Migration", Report 2/72) schwierig ist. Vielleicht hätte die Symmetrie der Kurven einen Hinweis geben sollen, aber selbst hierbei ist natürlich eine klare Entscheidung, ob Diffraktion oder Reflexionsbild einer Umkehrfigur, nicht möglich. Wenn eine sichere Aussage verlangt wird, hilft nur eines: die Migration wie sie als Ergebnis aus dem "seismischen Profil" (Figur 2) entstanden ist.

  The article on "Inverse Migration" in our Report 2/72 was of interest not only to our colleagues but, as we heared hitherto, also to some of our clients. The interest expressed has led us to refer again to figure 5 of this article:

With the help of this figure we explained the physical basis of the migration process. Later we were curious to see what the seismic picture of the geological situation shown looked like. The eye of the seismologist, accustomed to correlation, is able to inter-relate with greater or less accuracy displays which are to be compared, even when these are Iying adjacent to each other. However, the best comparison is possible only when the displays have been made to coincide with each other. We generally do this on a light table, which we of course could not supply for each of our readers. Despite this, we have been able to achieve almost the same effect with simple means. We have fed our model from figure 5, which -shows the principles involved, into the computer, producing the "geological section" (figure 1) shown on pages 12 and 13. The zeismologist will easily recognize that this model is based on conditions in North Germany: a salt stock overlain by the Tertiary (with a faulted graben on top) and onlapping a Mesozoic layer. The flank of the salt stock has been "disintegrated" in many single points in order to make the hyperbolae originating from them visible.

We have not printed the seismic display (figure 2) and its migration (figure 3) beside or under each other, but on transparent overlays so that they can be compared directIy with figure 1.

When we consider only figure 2 the first thing which strikes us is the confused display from the "top of the salt stock" . Every seismologist who sees such impulse curves, thinks first of diffraction and therefore of faults, and tries to correlate them with the faults in the base of Tertiary but this is not possible without contradictions.

In an extensive se ries of tests we have found out that even very experienced seismologists had not deduced off-hand the correct position of the upper surface of the salt stock, because it is difficult to understand the curved series of impulses as "reverse figures" (see figure 3 in "Inverse Migration" Report 2/72). Perhaps the symmetry of the curves should have given some indication of the layering, but even here a clear-cut distinction between reverse figures and diffraction is not possible. When adefinite statement is required the only thing which helps is migration, as produced as a result of the "seismic section" (figure 2).

Fig.1
Fig.1
Aber auch das Migrationsbild (Figur 3) muß kommentiert werden. In dem Artikel "Teuf" im Report 1/72 wird mitgeteilt, daß die Auswahl des Faders bei der Migration von großer Bedeutung ist. Bei der Migration steiler Kanten ist es notwendig, den Fader weit zu öffnen und hierbei tritt " Migrationsnoise" auf, der zwar auf unserer Figur 3 die genaue Lage der Salzstockflanke nicht in Frage stellt, aber andererseits diesen Noise auch an weniger steilen Schichten (Gegenflanke der Mulde) auftreten läßt, wo er -bei engerem Fader -hätte vermieden werden können. Ein Wechsel des Faders auf engem Raum ist jedoch aus technischen Gründen unzweckmäßig.

Das Migrationsergebnis wird also in manchen Fällen einen Kompromiß zwischen gut erkennbarer Nutzenergie und möglichst wenig Migrationsnoise darstellen und dieser Migrationsnoise muß natürlich auch als solcher gedeutet werden. Es wäre also falsch, innerhalb des Salzstockes eine steilstehende Schichtung erkennen zu wollen. Diese Impulse, die eine derartige "Schichtung" vortäuschen, sind nichts anderes als Migrationsnoise.

  However, the migration display has also to be commented on. In the "teuf" article in the 1/72 Report it was stated that the choice of the fader in migration is very important. In the migration of steep slopes it is necessary to open the fader wide, and in doing this migration noise occurs. This noise does not make the exact position of the salt stock flank uncertain, but it also does occur on less steep horizons (the counterflank of the rim sink) where it could have been omitted by using a narrower fader. Changing of the fader in a narrow range is however unsuitable basically for technical reasons.

The migration has therefore often to be a compromise between easily recognizable signals and migration noise, and this noise has of course to be interpreted correctly. Therefore, it would be erronious to see a steep layer within the salt stock. These impulses, which simulate "Iayering" of this kind, are nothing more than migration noise.

Fig. 2
Fig. 2
Anmerkung: Legen Sie bitte, wenn Sie diese Figur einwandfrei für sich allein betrachten und diesen Text gut lesen wollen, ein weißes Blatt Papier (Schreibmaschinenpapier DIN A 4) darunter. Dasselbe gilt natürlich auch für Fig. 3.

Figur 2 ist die seismische Abbildung des geologischen Profiles aus Fig. 1. Wir hätten diese Sektion (mit Ausnahme der Hyperbeln an der Salzstockflanke, die wir durch ihre Auflösung in Punkte sichtbar gemacht haben) etwa erhalten, wenn wir im Gelände über die in Figur 1 dargestellte geologische Situation ein seismisches Profil gemessen hätten.

Die "Umkehrfiguren" (siehe Artikel "Die inverse Migration" in Report 2/72) sind sehr deutlich ausgeprägt. Sie sind klein auf dem Top des Salzstockes -entsprechend den kleinen Mulden. Eine unvollständige große Umkehrfigur entspricht der großen Vorlandmulde. Man sieht, wenn Fig. 1 und Fig. 2 zur Deckung gebracht werden, daß sich der Kulminationspunkt der konvex gekrümmten Reflexionskurven jeweils genau mit dem tiefsten Punkt der Mulden deckt, wie W. Brauch bereits vor 17 Jahren dargestellt hat. Wie in dieser Veröffentlichung wurde auch hier eine seismische Geschwindigkeit von 2000 m/s für die Berechnung zugrunde gelegt.

  Note: When you wish to see this figure clearly, and to read the text easily, please lay a sheet of white paper (typing paper DIN A 4) under it. The same can be done for figure 3.

Figure 2 is the seismic display of the geological section from figure 1. We would have gained roughly this section (with the exception of the hyperbolae on the flank of tne salt stock, which we have made visible by its disintegration in many points) when we had surveyed a seismic section ac ross the geological situation shown in figure 1.

The "reverse figures" (see article "Inverse Migration" in Report 2/72) show up very clearly indeed. They are small on the top of the salt stock, corresponding to these small troughs. An incomplete large reverse figure corresponds to the large rim sink.

When figure 1 and figure 2 are made to coincide, one can see that the culmination point of the convex reflection curves corresponds in each case exactly with the deepest point of the troughs, just as W. Brauch al ready showed 17 years ago. As in this publication, here too a seismic velocity of 2000 m/s was used as a basis for the calculation.

Fig. 1
Fig.l
Abschließend wollen wir trotzdem an den Seismiker eine Frage richten. Welche Profildarstellung hätten Sie denn für eine Auswertung lieber: die Zeitdarstellung in Figur 2 oder deren Migration in Figur 3? Aber diese Frage scheint uns ziemlich überflüssig zu sein, denn jeder Seisniiker wird sich für die Migration entscheiden.

Das Problem, das sich auch weiterhin immer wieder stellen wird, wenn eine Zeitsektion gekrümmte Impulsreihen enthält, ist dieses: handelt es sich um Diffraktionen, die auf Störungen hinweisen oder um konvex gekrümmte Reflexionen, die von Mulden herrühren? Oft wird der Seismiker in der Lage sein, eine eindeutige Entscheidung zu treffen.

Aber noch öfter wird ihm diese Entscheidung unser modernster Rechenprozeß abnehmen müssen: die Migration.

  Finally, we still want to ask the seismologists something. Which section display do you prefer: the time presentation in figure 2 or its migration in figure 3? But this question seems rather superfluous, as any seismologist wou/d choose the migration.

The problem which continues to arise, when a time section contains curved se ries of impulses, is this: do they come from diffractions indicating faults, or from convex reflections originating in troughs? The seismologist will often be in a position to make a clear decision. But more often still our most modern computer process -migration - must make the decision for him.

Fig. 3
Fig. 3