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Transition Zone Survey in Abu Dhabi Waters
Sonderdruck PRAKLA-SEISMOS Report 1+2 / 88/89
Der Durchbruch in Abu Dhabi war PRAKLA-SEISMOS im Jahre 1983 gelungen. Damals hatte uns die DEMINEX beauftragt, Streamermessungen mit einem unserer Flachwassermeßschiffe -der MANTA -in solchen Gebieten durchzuführen, in denen andere Kontraktorgesellschaften wegen des zu großen Tiefgangs ihrer Schiffe die Streamer-Methode nicht anwenden konnten. Eine Zweigstelle war in Abu Dhabi zu etablieren gewesen. Als 'Sponsor' konnten wir Mr. Awad AI Otaiba gewinnen. Der Repräsentant der PRAKLA-SEISMOS ABU DHABI (- kein anderer als der Autor selbst, die RED.) durfte sich nicht länger als sechs Monate außerhalb der V.A.E. (Vereinigte Arabische Emirate) aufhalten. Diese Visa-Vorschrift half mit, 'unseren Mann in Abu Dhabi' in ständigem Kontakt mit potentiellen Kunden in der Golfregion zu halten.
Erfolge blieben nicht aus.
Nach der Messung für DEMINEX folgten sechs weitere Aufträge in V.A.E.-Gewässern für verschiedene Gesellschaften. Mit der ADNOC standen wir bereits seit Anbeginn unserer Golf-Aktivitäten im Gespräch, aber der Auftrag, über den wir hier berichten wollen, wurde erst 1986 erteilt. Zunächst ging es um 900 Profilkilometer Flachwasserseismik. Was letztlich dabei herauskam nach zwei Jahren Messung waren über 6500 Profilkilometer! Der Auftraggeber muß mit der Leistung des Trupps wohl zufrieden gewesen sein...
A Combined Crew'
So definierte die ADNOC unseren Meßtrupp, was besagt, daß er personell und ausrüstungsmäßig in der Lage sein mußte, längs des gerade vermessenen Profils die Methode zu wechseln und die jeweils optimale anzuwenden. Bei ausreichender Wassertiefe sollte die FLUNDER mit dem Streamer messen, sobald aber das Profil über Korallenriffe, Sandbänke oder gar über Inseln verlief, war auf die telemetrische Methode umzuschalten.
Also ein Profil sollte hübsch und komplett nach dem anderen vermessen werden, nicht etwa zuerst alle Streamer- und danach alle Telemetrieabschnitte, auch wenn man dadurch in Kauf nahm, daß die jeweils nicht genutzte Ausrüstung 'idle' war, also nicht im Einsatz stand.
Dieses Verfahren ermöglicht, daß jedes Profil sofort in einem Guß prozessiert werden kann. Treten Unstimmigkeiten an Nahtstellen innerhalb einer Linie auf, ist der Trupp noch zur Stelle, um unverzüglich nachzumessen, und zwar nach beiden Methoden. Würde man erst alle dem Streamer zugänglichen Profilabschnitte vermessen, um dann -etwa aus Kostengründen -diesen Teiltrupp früher aus dem Vertrag zu entlassen, hätte man auf Flexibilität und die MÖglichkeit zur Qualitätsverbesserung verzichtet.
Natürlich ist ein Meßtrupp dieser Art teurer als eine konventionelle Einheit. Denn neben der üblichen FlachwasserausrÜstung ist der Einsatz eines modernen Telemetrie-Systems notwendig (MYRIASEIS). Aber unter dem Strich war unser Angebot für den Auftraggeber doch wohl attraktiv genug, auch deshalb, weil nach Erledigung des 900-km- Auftrags einige Zusatzmessungen für die ADNOC-Partner in 'Streamer-Mode' ins Haus standen, während gleichzeitig der größere Teil der Telemetriemessungen nun doch en bloc abgewickelt werden konnte. Das war uns natürlich nur recht so, und den verschiedenen 'Operating Companies' sicherlich auch, brauchten sie doch für ihre relativ kleinen Programme keine eigenen Meßtrupps anzuheuern, was ihnen wohl teurer gekommen wäre.
Der Luftpulser-Ponton
Den Einstieg 1983 für DEMINEX verdankten wir in erster Linie der Tatsache, daß unsere speziell konstruierten Flach wasserschiffe nur 1,20 m Tiefgang haben.
Bei der Auftragserteilung durch die ADNOC kam uns eine andere ingeniöse Entwicklung zustatten: unser berühmter Luftpulser-Ponton. Er ermöglichte es, den größten Teil der Telemetrie Messungen sprengstofflos zu fahren.
Bei der neuesten Version des Pontons hängen die Kanonen an Auslegern und nicht wie bei den früheren Konstruktionen an schlauchbootartigen 'Floats'.
Auch hat das Gefährt keine Außenbordmotoren mehr, sondern wird von zwei SCHOTTEL-Jets - einer vorne, der andere hinten - angetrieben. Diese beiden Neuerungen verleihen dem Ponton eine hohe Manövrierfähigkeit. Sie ist deshalb wichtig, weil die Schußpositionen präzise angesteuert werden müssen, was besonders für unsere Messung vor Abu Dhabi galt, wo wir nicht nur einmal sondern viermal pro Schußart zu 'poppen' hatten. Und exaktes Fahren spart viel Zeit, was dem Leistungsschnitt zugute kommt.
MYRIASEIS
Es handelt sich hier um ein Radio-Telemetrie-System, bei dem pro Empfänger-position - also pro 'Spur' - eine Radioboje ausgelegt wird. Darunter hängt ein Ring von Hydrophonen, hängt im Wasser oder liegt auf dem Meeresboden. Die Boje enthält, neben dem Sende- und Empfangsgerät, einen Computer, der das seismische Signal digitalisiert und in seinem Memory speichert.
Dieser Computer kann mehrere Signale summieren, oder wie wir sagen: vertikal stapeln. Danach wartet die Boje auf das Abrufsignal von der Zentraleinheit, die zusammen mit der Aufnahmeapparatur auf dem Mutterschiff untergebracht ist. Die Zentraleinheit sendet jenes Abrufsignal auf einer Frequenz nacheinander an alle Bojen, die ihrerseits wiederum auf einer - anderen - Frequenz antworten. Allerdings nacheinander. Es werden also nur zwei Funkfrequenzen benötigt, wohingegen bei anderen Radio - Telemetrie - Systemen für jede Spur eine separate Frequenz zur Verfügung stehen muß. Wer schon mal Funkfrequenzen beantragt hat, der weiß, daß es bei der Zuteilung in
manchen Ländern unüberwindliche Schwierigkeiten gibt. Und zwei Frequenzen bekommt man eben leichter als ein paar hundert. Diesen Vorteilen des Systems - nur zwei Frequenzen und die Möglichkeit zum vertikalen Stapeln - steht der Nachteil gegenüber, daß das Abfragen der Bojen Zeit erfordert, zwar nur weniger als eine Sekunde pro Spur, aber wenn die Auslage 120 Bojen umfaßt, dann verschlingt die Abfrageprozedur doch kostbare Minuten. Ins Gewicht fällt dieses Manko freilich nur dann, wenn die Schußfolge dadurch verzögert wird. Beim Schießen mit Sprengstoff spielt das keine so große Rolle: die Schußvorbereitung dauert in der Regel länger als das Abfragen der Bojen.
Sprengstoff, noch immer gefragt
Obwohl wir den größten Teil der Telemetrie-Messungen mit unserem Luftpulser-Ponton bestritten, gab es doch Profilstücke, wo wir auf Sprengstoff angewiesen waren. Der Ponton hat zwar einen Tiefgang von nur 50 cm, und unsere Airgun-Arrays sind so abgestimmt, daß sie im Extremfall auch noch in solch flachem Wasser poppen können, die ADNOC jedoch hatte sich für eine etwas größere Wasserbedeckung über den Kanonen entschieden.
In niedrigem Wasser und beim Überqueren von Korallen - oder Sandbänken oder bei regulären Landanschlüssen hatten wir also Sprengstoff zu benutzen. Dabei wurde GEOFLEX-Sprengschnur entweder vom Schlauchboot aus ins Wasser gerollt oder an Land mit einem motorgetriebenen Gerät eingepflügt.
Was sonst noch erzählenswert ist..
Mutterschiff FLORA hat sich auch vor Abu Dhabi wieder glänzend bewährt. Eine komplette Telemetrieausrüstung braucht viel Platz. Auch die Mannschaft -ein starkes Aufgebot- will gut untergebracht sein. Erfreulich die Tatsache, daß sich unsere phillipinischen Mitarbeiter harmonisch einfügten und nicht unerheblich zur guten Leistung des Trupps beitrugen.
Wichtig für den reibungslosen Arbeitsablauf waren auch die schnellen Jet-Boote; bei Landanschlüssen oder beim Überqueren von Inseln leisteten die so seltsam aussehenden HONDA-Dreiräder gute Dienste. Sie wurden auf dem Mutterschiff mitgeführt und konnten bei Bedarf mit den Schlauchbooten an Land gebracht werden.
Aber heiß war's!
Im Sommer sind Temperaturen von 40°C bis 50°C an der Tagesordnung. Die Sonnenschirme auf unseren Schlauchbooten, so wie sie manche Fotos zeigen, mögen Heiterkeit auslösen, doch sie sind bitter nötig, wenn so ein armer Bootsfahrer einen ganzen langen Arbeitstag in derartiger Hitze durchhalten soll.
Gegen Ende der Meßkampagne arbeitete der Trupp ganz in der Nähe der Stadt Abu Dhabi. Ein gelungener Abschluß, wie wir fanden. Endlich hatten die Jungs mal Gelegenheit zu einem abendlichen Landgang, nachdem sie die letzten beiden Jahre in entlegenen Gebieten zubringen mußten, meist eine Tagesreise von Abu Dhabi entfernt.
Immerhin gab und gibt es dorthin eine sehr gute Autobahn. Überhaupt ist die Infrastruktur in den Vereinigten Arabischen Emiraten vorzüglich: tolle Straßen, perfekte Telekommunikation, saubere, moderne Städte, Superhotels. Und was es sonst noch gibt: praktisch alles zu kaufen. Was es nicht gibt: Kriminalität und Korruption! Abu Dhabi also ein Einsatzland, das bis auf die extreme Hitze im Sommer und vielleicht auch den Mangel an hübschen Touristinnen wenig zu wünschen übrig läßt.
Das PRAKLA-SEISMOS Büro ist im ersten Stock eines Hochhauses untergebracht, in der Stadtmitte, nahe dem 'Soukh', was soviel wie 'Markt' bedeutet. Rückkehrende Truppmitglieder konnten hier die fälligen Geschenke für zu Hause einkaufen, wenn sie es nicht vorzogen, den Airport-Duty-Free-Shop heimzusuchen. Nirgends auf dieser Welt sind Whisky und Zigaretten billiger als hier. Ehrlich! Nun aber ist die Sache erst mal gelaufen, der Auftrag erfüllt. Die FLORA liegt im Dock, und die meisten Truppmitglieder genießen ihren Urlaub oder stehen schon wieder auf der Einsatzliste für ein anderes Abenteuer.
Manch einer hofft vielleicht sogar, eines Tages wieder zurückzukehren an den Arabischen Golf.
Auch das gehörte dazu: ein Besuch und ein Empfang
Vom 2. bis 5. September hatten uns Dr. B. Kropff, Aufsichtsratsvorsitzender unserer Gesellschaft, und B. Fiene besucht. Der Zeitpunkt war günstig, was bei Besuchen ja nicht immer zwangsläufig ist, günstig deshalb, weil die Messungen gerade vor Abu Dhabi zu Ende gingen. Bei herrlich ruhiger See machte es regelrecht Spaß, eine telemetrische Flachwassermessung vorzuführen, und das nach allen Regeln der Kunst. Beim abendlichen Ausklang mit der Crew an Bord der FLORA stand natürlich auch die Frage zur Debatte, ob und wie der gerade getroffene Waffenstillstand im Iran/Irak-Konflikt die geophysikalische Explorationstätigkeit im ehemaligen Kriegsgebiet beeinflussen würde.
Die nächsten Tage waren offiziellen Besuchen bei der ADNOC gewidmet. In freundschaftlicher Atmosphäre kam es zu einem regen Gedankenaustausch auf höchster Ebene. Am 4. September 1988 hatte dann PRAKLA-SEISMOS ABU DHABI zu einem Empfang im Hotel INTERCONTINENTAL geladen. Viele hochgestellte Persönlichkeiten gaben uns die Ehre und feierten mit der Crew den erfolgreichen Abschluß der zweijährigen Meßkampagne für ADNOC.
Ein Resümee
Wir entnehmen es den Ansprachen von B. Fiene und F. Koch, gehalten während des oben erwähnten Empfangs: Insgesamt 6535 Profilkilometer hatte der FLUNDER/FLORA-Meßtrupp bis dahin für die ADNOC-Gruppe vermessen, davon 5244 km in Streamer-Mode und 1291 km telemetrisch. Nicht weniger als 157584 mal hatte der Luftpulser-Ponton an 39396 Schußpunkten 'gepoppt'. Damit wurde Sprengstoff im Wert von fast 2 Millionen US-Dollar gespart. Gleichwohl hatte der Trupp in zwei Meßjahren 12248 Schußpunkte mit GEOFLEX abgetan. Das bedeutet: 54 Tonnen Sprengstoff wurden unfallfrei und sicher gehandhabt, wofür den zuständigen Truppmitgliedern ein hohes Lob gebührt. Und B. Fiene sprach es aus: Dank allen Truppmitgliedern für ihre hervorragende Leistung, besonderer Dank aber der ADNOC für die Erteilung des Auftrags, der in den kritischen Jahren 1986 bis 1988 von großer Wichtigkeit für unsere Gesellschaft war.
F. Koch