Report Datenbank php 7.x aufrufen "Seismic Experiments for Deep Crustal Studies"
PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 82


So hieß ein Programm, das die beiden Forschungsschiffe PROSPEKTA und FRED H. MOORE im Nordatlantik durchführten. Fahrtleiter G. Müller, dem wir bereits einen packenden Artikel über die Expedition der EXPLORA ins Ross-Meer verdanken, berichtet im folgenden darüber.

Am 4. August 1981 traf sich die PROSPEKTA, von Südamerika kommend, mit dem amerikanischen Forschungsschiff FRED H. MOORE in Port Everglades, Florida. Unsere PROSPEKTA war von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe - BGR- gechartert, während die FRED H. MOORE für das Lamont Doherty Geological Observatory - LDGO - im Einsatz stand. Die wissenschaftliche Leitung für den deutschen Part lag in Händen von Prof. Dr. K. Hinz. BGR und LDGO hatten ein gemeinsames geophysikalisches Meßprogramm vereinbart, das nach dem 'Zwei-Schiff-Verfahren' im Nordatlantik - nördlich der Bahamas, an den Westindischen Inseln entlang bis zum mitteIatlantischen Rücken - durchgeführt werden sollte. Es ging darum, tiefe Horizonte bis hinab zum Erdmantel zu erfassen und darüber hinaus Erkenntnisse über die seismischen Geschwindigkeiten in diesen Tiefen zu erlangen. Dazu waren zwei Meßmethoden vorgesehen: das 'Wide-Aperture-CDP-Profiling' und das 'Expanding-Spread- Profiling'.

Bei der erstgenannten Methode fahren beide Schiffe auf ein und demselben Profil mit konstantem Abstand hintereinander her, in unserem Falle 6000 Meter. Beide Meßfahrzeuge schleppen Streamer und Luftpulser, 'schießen' alternierend - in 30-Sekunden-lntervallen und registrieren die eigenen Signale und die des anderen Schiffes.

Beim 'Expanding-Spread-Profiling' starten beide Schiffe am gleichen 'midpoint' und entfernen sich von diesem mit gleicher Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung. Dabei popt ein Schiff im 60-Sekunden-Takt, während das andere registriert. Wegen ihres besser ausgewogenen Luftpulser-Arrays fungierte die PROSPEKTA als Schießboot. Die 'Expanding-Spread-Profile' wurden anschließend von der PROSPEKTA allein als 'normale' CDP-Profile vermessen.

Der Streß begann schon in Port Everglades. Vom nahen Fort Lauderdale oder der gepriesenen Florida-Atmosphäre hat kaum jemand etwas mitbekommen. Es gab eine Reihe von Zusatzgeräten zu installieren. Das Schiff lag im Trockendock, da auch ein Tiefseelot eingebaut werden mußte. Darüber hinaus waren Arbeiten am Streamer zu erledigen und ein neues Luftpulser-Array aufzubauen. Nach fünf Tagen, ausgefüllt mit diesen Arbeiten und einem Treffen der Wissenschaftler, Schiffsoffiziere und Techniker im Sheraton Clipper Hotel, waren beide Schiffe schließlich einsatzbereit, und wir liefen aus zum Testen der Systeme. Die Sache funktionierte. Wir setzten unsere 'Testpiloten' U. Fieguth und R.-D. Harms an Land und begannen mit der Messung.

Zur Synchronisation der Messungen wurden alle Schüsse, auch die der PROSPEKTA, via ZXDD und UKW-Radio von der FRED H. MOORE ausgelöst, bei den 'Expanding-Spread-Profilen' außerhalb des UKW-Bereichs hingegen von der PROSPEKTA selbst, und zwar jeweils zur vollen Minute über das Navigationssystem INDAS V, während die FRED H. MOORE die Erfassung der Seismik- und Navigationsdaten simultan in Gang setzte. Darüber hinaus wurde die exakte Zeit des Schußmoments via Zeitsatellit von beiden Schiffen auf die Millisekunde genau registriert.

Als Navigationsverfahren standen im ersten Meßabschnitt LORAN-C und Satelliten-Navigation zur Verfügung, im zweiten Abschnitt nur noch letzteres. Der Abstand zwischen beiden Schiffen wurde auf elektronischem Wege mittels MINIRANGER und RAYDIST bestimmt. Bei der Vermessung der 'Wide-Aperture-CDP-Profile' fungierte die PROSPEKTA als das führende und die FRED H. MOORE als das verfolgende Schiff. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten akzeptierte man unsere 'Führungsrolle'. Der Meßablauf wurde zur Routine. Lediglich die Hurrikans 'Denis', 'Gerd' und 'Harvey' sorgten für die nötige Belebung.

Mit einem Vortrag über die Entstehung des mitteIatlantischen Rückens, über Kontinentaldrift und die damit im Zusammenhang stehenden geologischen Vorgänge, erweckte Prof.K. Hinz unser Verständnis für diese Art von Seeseismik, die doch etwas außerhalb unseres 'Erdöl-Horizontes' lag.

Die Messungen begannen nördlich der Kleinen Bahama-Inseln. Am 1. September kam es zu einer Unterbrechung vor Puerto Rico. Drei Tage lagen die beiden Schiffe im Hafen von San Juan. Experten aus Hannover nutzten die Zeit, um die INDAS-V-Anlage der PROSPEKTA soft- und hardwaremäßig zu betreuen. Auf der FRED H. MOORE wechselte unterdessen das Personal. Auch Prof. K. Hinz ging von Bord. An seiner Stelle betreute Herr Popovici (BGR) die weiteren Messungen von Puerto Rico bis zur mittelatlantischen Schwelle.

Dort trennten sich die Schiffe nach Beendigung der gemeinsamen Aufgabe am 22. September. Zuvor hatten wir noch einige Geräte und Gast-Wissenschaftler auszutauschen, und das auf hoher See, mit dem kleinen Schlauchboot der PROSPEKTA eine durchaus 'interessante' Operation.

Auf der neuntägigen Reise nach Sizilien - der nächste Meßauftrag lag am Hacken des italienischen Stiefels hatten wir noch Zeit, zwei 'normale' seismische Profile zu vermessen: eines quer über die Meteor-Bank und ein weiteres vor Marokko.

Am 30. September passierten wir die Meerenge von Gibraltar. Die ewige Schaukelei auf der atlantischen Dünung war nun endlich ausgestanden. Drei Tage später lagen wir vor Syrakus. Ein interessanter Auftrag war zu Ende. Für eine souveräne Schiffsführung unseren Dank an Kapitän Brünjes und seine Mannen!

G. Müller