Report Datenbank php 7.x aufrufen Unsere Erde als Wärmeenergieqelle
PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 79

4000 Jahre lang könnten wir den Energiebedarf der Menschheit decken, wenn es gelänge, die Wärme der Erdkruste im Bereich der Kontinente bis 5 km Tiefe zu nutzen.

Diese Aussage ist allerdings kein Grund für die Kernkraftgegner nun zu frohlocken, denn das Vorhandensein solch gewaltiger Wärmeenergiemengen und ihre Nutzbarmachung sind zwei sehr verschiedene Dinge.

Wissenschaft und Technik haben begonnen, die Technologie zur Erschließung der Erdwärme im Rahmen eines Forschungsprogrammes der Bundesregierung und der Europäischen Gemeinschaft zu entwickeln. Auch unsere Gesellschaft wurde in diesen Prozeß (wie auch in andere ergänzende Forschungsaufgaben) durch die Teilnahme an speziellen seismischen Untersuchungen im Bereich der Wärmeanomalie Urach eingeschaltet (siehe folgenden Beitrag). Dieses Projekt stand unter der Leitung von Herrn Professor Dr. Meißner, Universität Kiel, der lange Jahre als Truppleiter unserer Gesellschaft praktische Erfahrungen in der angewandten Seismik sammeln konnte.

Das wesentlich Neue bei dieser Untersuchung war der Gedanke von Th. Krey, durch sehr lange Geophonauslagen eine möglichst große Genauigkeit bei der Bestimmung der seismischen Geschwindigkeiten aus den hierbei erzielten großen Moveout-Zeiten im Bereich der Kruste und ihrer Basis zu erreichen. Im Hintergrund stand dabei der Gedanke, eine eventuell gemessene Geschwindigkeitsanomalie mit der Wärmeanomalie räumlich in Beziehung zu setzen.

Der folgende Beitrag von Prof. Dr. Th. Krey, K.-S. Bartholdy und J. Schmoll beleuchtet vor allem den großen technischen und organisatorischen Aufwand, der bei diesen außergewöhnlichen Messungen erforderlich war.


Zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen über die Wärme aus der Tiefe. Wir stützen uns hierbei zum Teil auf einen Aufsatz in der „PREUSSAG Zeitschrift für Aktionäre und Freunde der Gesellschaft" Nr. 64/1978.

Jedermann weiß, daß es in einem tiefen Bergwerk sehr viel wärmer ist als an der Erdoberfläche. Der „geothermische Gradient", die Zunahme der Temperatur mit der Tiefe, beträgt normalerweise etwa 30 Grad Celsius pro Kilometer. In einer Tiefbohrung von 3000 m Tiefe herrscht also eine Temperatur von etwa 100 Grad. Diese Wärme stammt zu knapp einem Drittel aus der glutflüssigen Vergangenheit unseres Planeten, zu siebzig Prozent aus dem radioaktiven Zerfall von Uran-, Thoriumund Kaliumatomkernen, die in allen irdischen Gesteinen vorkommen.

Der geothermische Gradient ist nicht überall gleich. Es gibt auf der Erde Gebiete, wo er von der Norm mehr oder weniger stark abweicht und zu sogenannten Wärmeanomalien führt, die heute auch als „thermische Lagerstätten" bezeichnet werden, soweit es sich um „positive" Anomalien handelt, die ein vom Normalfall abweichendes höheres Wärmepotential anzeigen. Diese Lagerstätten sind um so interessanter, je geringer die Tiefe ist, in der die überhöhten Temperaturen auftreten.



Treten Zonen größeren Wärmestaus in Kontakt zum Grundwasser oder werden sie von zirkulierenden Wässern durchflossen, kann dies zur Bildung von nutzbarem Heißwasser ja sogar Dampf führen. In manchen Gegenden der Erde werden damit Wohnungen beheizt oder auch Elektrizitätswerke betrieben. Die Gesamtmenge des durch Erdwärme erzeugten Stromes in Island, Italien, Mexiko und auf verschiedenen Pazifikinseln usw. entspricht einer Leistung von rund 1350 Megawatt, also nicht mehr, als ein einziges Kernkraftwerk erzeugt. Das ist, weltweit gesehen, recht wenig und erinnert uns wiederum daran, daß, zumindest für die nähere Zukunft, während der „nicht-nukleare Energiequellen" noch im Anfangsstadium ihrer Entwicklung stehen, auf Kernkraftwerke nicht verzichtet werden kann.

Das größte Problem bei der Nutzung der Erdwärme als Energiequelle liegt darin, daß es bisher nicht gelungen ist, die Wärme aus größeren Tiefen, z. B. aus 5000 Meter, an die Erdoberfläche zu transportieren. Außerdem ist die Wärme in den meist nur wenig porösen und schlecht durchlässigen Gesteinen „gefangen", und man kommt noch kaum oder nur unter Schwierigkeiten an sie heran. Wie groß aber diese „trockene" Wärmemenge ist, die hier potentiell vorhanden, aber bisher ungenutzt bleiben muß, ergibt sich daraus, daß die Abkühlung eines Gesteinskörpers von einem Kubikkilometer Rauminhalt um nur ein Grad der Wärmemenge entspricht, die in 85 000 Tonnen Steinkohle enthalten ist.

Zur Gewinnung von „trockener" Wärme brachte das US-Forschungsinstitut von Los Alamos in den JemezBergen Neu Mexikos zwei 3000 Meter tiefe Bohrungen in heißen Granit nieder. In eine davon wurde vier Tage lang kaltes Wasser unter hohem Druck eingepumpt, aus der anderen — 75 Meter davon entfernten — konnte 20 Stunden nach Beginn dieses Experimentes 150 Grad heißes Wasser mit einer thermischen Leistung von etwa fünf Megawatt entnommen werden. Damit Wasser zwischen zwei Bohrlöchern zirkulieren kann, müssen im Gestein Risse erzeugt werden. Das kann durch das sogenannte „Hydrofrac-Verfahren", das heißt durch hydraulisches Aufbrechen des Gesteins, bewerkstelligt werden. Dieses Verfahren wird bekanntlich bereits seit längerer Zeit in der Erdöl- und Erdgas-Gewinnung zur Produktionssteigerung angewandt.



Die Gewinnung trockener Erdwärme ist also bislang durch die hohen Kosten des Niederbringens von zwei Bohrungen belastet. Die PREUSSAG hat nun, um die Bohrkosten zu senken, ein System konzipiert, bei dem nur eine Tiefbohrung nötig ist. Demzufolge wird kaltes Wasser in einem wärmeisolierten inneren Rohr in die Tiefe gepreßt und nach seiner Aufheizung in einem zweiten, perforierten Rohr, das die innere Sonde koaxial umgibt, wieder nach oben gefördert (siehe Skizze). Ob der gegenüber zwei benachbarten Bohrungen verminderte Durchströmungsbereich genügen wird, um wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen, muß die Zukunft lehren.



Das Problem, Erdwärme in größerem Umfang wirtschaftlich zu nutzen, ist noch mit vielen Fragezeichen versehen. Industrie und Wissenschaft werden hoffentlich auch bei uns dazu beitragen, der Lösung dieses Problems in nicht zu ferner Zukunft näherzukommen.

Dr. R. Köhler

Aktuell:
Am 24.06.2009 begann die Tiefbohrung „Groß Buchholz GT-1� der BGR, etwa 100m südlich des PRAKLA-SEISMOS Gebäudes. Mit dem Geothermie-Projekt  'GeneSys' heizt die BGR ab 2012 mit Erdwärme aus 4000 Meter Tiefe.