Report Datenbank php 7.x aufrufen LANDSAT
ein Satellitensystem zur Erderkundung
PRAKLA-SEISMOS Report 3 / 77

Seit dem Start von LANDSAT 1 im Jahre 1972 hat sich eine große Fülle von Anwendungsmöglichkeiten für die Aufnahmen dieses unbemannten Satelliten ergeben. Obwohl das LANDSAT-System für amerikanische Verhältnisse mit den vergleichsweise großen Landnutzungseinheiten und den stabilen, kontinentalen Wetterverhältnissen konzipiert wurde, ist es auch für den wesentlich feiner gegliederten mitteleuropäischen Raum mit seinen wechselnden Wetterverhältnissen von mehr als rein wissenschaftlichem Nutzen.

Wie funktioniert LANDSAT?

Der Erderkundungssatellit LANDSAT 1 (zunächst ERTS = Earth Resources Technology Satellite genannt, später umbenannt, da auch ein ozeanographisches Satelliten-Programm geplant ist), wurde am 23. 6. 1972 gestartet. Im Januar 1975 folgte LANDSAT 2, der mit LANDSAT 1 technisch identisch ist. Der Start von LANDSAT C, der auch Wärmebilder erzeugen kann, ist für Anfang 1978 geplant: er wird dann den Namen LANDSAT 3 tragen.

LANDSAT umfliegt die Erde in etwa 915 km Höhe auf einer sonnensynchronen, nahezu polaren Umlaufbahn. Er überquert nach jeweils 18 Tagen denselben Geländeabschnitt zu derselben Tageszeit — in Deutschland zwischen 10.30 und 11.00 Uhr MEZ. Die Aufnahmen entstehen somit unter etwa gleichen Beleuchtungsverhältnissen. Das Sonnenazimut bleibt also konstant, nur die Sonnenhöhe ändert sich mit der Jahreszeit.

Die Bahn von LANDSAT 2 ist so orientiert, daß er ursprünglich 9 — nach einer Korrektur — 6 Tage nach LANDSAT 1 denselben Geländestreifen überfliegt. Die noch verbleibende „Lücke" soll LANDSAT 3 schließen, so daß dann ein Aufnahmezyklus von 6 Tagen erreicht sein wird. falls LANDSAT 1 bis dahin funktionsfähig bleibt.

Der Satellit ist zur Orientierung der Aufnahmegeräte mit einem Stabilisierungssystem ausgerüstet. Die Aufnahmegeräte sind:
  • ein Fernsehsystem (Return Beam Vidicon = RBV), bestehend aus 3 Kameras, die in verschiedenen Spektralkanälen arbeiten, und
  • ein 4-Kanal Multispektralscanner (MSS), der die Erdoberfläche quer zur Flugrichtung zeilenweise im Wellenlängenbereich von 0,5 bis 1,1 ß,m (grün bis nahes Infrarot) abtastet.

  • Das RBV-System war bei LANDSAT 1 nach kurzer Zeit technisch gestört und entsprach hinsichtlich der Qualität nicht den Erwartungen. Es hat daher kaum Bedeutung erlangt. Dagegen hat der MSS alle Erwartungen übertroffen.
    LANDSAT, ein Satellitensystem zur Erderkundung

    Die nebenstehende Abbildung ist ein Ausschnitt der LANDSAT-Szene 1076-09440, welche wir für einen unserer Auftraggeber im vergangenen Jahr abgespielt haben. Die Aufnahme erfolgte am 7. 10. 1972 durch LANDSAT 1. Der Ausschnitt ist im Originalmaßstab der KPU-Abspielung 1:200000 wiedergegeben. Da die langwelligere IR-Strahlung die Atmosphäre besser durchdringt, war der Kanal MSS 7 gewählt worden.

    Wasserflächen treten, da sie die Nahinfrarot-Strahlung fast völlig absorbieren, schwarz in Erscheinung. Feuchte Böden, Wälder und Städte sind dunkelgrau, Freiland meist hell bis dunkel, je nach der Bodenfeuchtigkeit. Da die Sonne wegen des Aufnahmedatums verhältnismäßig tief im Süd-Südosten steht — die Sonnenhöhe beträgt nur 33° - werden besonders die SW-NO verlaufenden Gebirgszüge durch Schlagschattenbildung hervorgehoben (Alpstein Massiv mit Säntis und Altmann, Vorgebirge östlich St. Gallen).

    Der Betrachter, der oft mit topographischen Karten arbeitet, wird vielleicht im ersten Moment Berge und Täler miteinander verwechseln, weil der Kartograph sich beim Anfertigen der Schummerung (Schattieren der Berge) die Sonne im Nordwesten vorstellt. Das „Problem" wird leicht behoben, wenn man das Bild um 180° dreht und so nach Süden blickt.

    Die Rheinebene hebt sich deutlich durch gleichmäßigere Grautöne und durch fehlende Schatten vom Gebirge ab. Linienelemente sind entweder Wasserläufe oder Straßen und Eisenbahnen. Daß sie auch dann noch sichtbar sind, wenn ihre Breite das Auflösungsvermögen des Scanners (80 m) weit unterschreitet, läßt sich mit dem großen Kontrast zu ihrer Umgebung erklären.

    Die im Deckblatt eingetragenen Bezeichnungen sollen nur zur Orientierung dienen. Die durch den Pfeil angezeigte Nordrichtung ist um etwa 15° nach links verschwenkt.

    Petrographische und großtektonische Grenzen sind zum Teil recht gut, wenn auch nicht in allen Teilen des Fotos zu erkennen. Zur genaueren Einordnung sind geologische Karten nötig.

    Durch den Sonnenstand im Süd-Südosten bedingt, tritt das Helvetikum des Säntis besonders markant hervor. Das trifft auch für die nördlich anschließende Faltenmolasse zu. In der rechten unteren Ecke der Abbildung ist das tektonisch höchste Element in diesem Gebiet, die Stirnseite der nördlichen Kalkalpen (Oberostalpen) deutlich zu sehen.

    Bei genauem Studium können auch kleinere geologische Bereiche deutlich beobachtet werden, z. B. die Kreide- Zonen helvetischer Ausbildung, welche sich wie Inseln aus den Alluvionen des Rheintales herausheben.

    Wasserbautechnische Maßnahmen wie z. B. die Rheinbegradigung südlich von Lustenau sind klar erkennbar. Der alte Rheinarm ist wohl kaum zu übersehen.

    LANDSAT, ein Satellitensystem zur Erderkundung
    Der Scanner von LANDSAT 1 arbeitet seit mehr als 5 Jahren nahezu störungsfrei. Er tastet die Erdoberfläche orthogonal zur Flugrichtung zeilenweise ab. Ein mit 13,62 Hertz um ± 2,89° schwingender Spiegel lenkt die Strahlung auf ein Feld von 24 Halbleitersensoren (6 für jeden Spektralkanal, 4 Spektralkanäle), so daß mit jedem Spiegelschwenk gleichzeitig 6 Zeilen in 4 Spektralkanälen aufgezeichnet werden (s. Fig. 1). Jede Zeile ist 185 km lang und 79 m breit. Sie wird elektronisch in 3200 Bildelemente (Picture Element = „Pixel" - amerik. Kurzform) zerlegt.

    Die Aufnahmen erfolgen in einem kontinuierlichen Streifen von 185 km Breite von Nord nach Süd. Dabei werden die Daten entweder direkt zu einer Bodenstation übertragen oder — wenn der Satellit sich außerhalb ihres Empfangsbereiches befindet — auf einem Magnetband zwischengespeichert. Gleichartige Magnetbänder mit einer sehr hohen Packungsdichte (10 Kbit/inch) werden auch in den Bodenstationen verwendet. Die Standard-Datenverarbeitung geschieht analog oder digital.

    Um die großen Datenmengen manipulierbar zu machen, teilt man den kontinuierlichen Flugstreifen in etwa gleichseitige „Szenen" ein. Jede Szene ist somit ein Parallelogramm, das 2340 Zeilen zu je 3200 Pixel (185 x 185 km) enthält. Von jeder aufgenommenen Szene werden mit Hilfe eines „Electron Beam Recorders" (EBR) Bilder auf einem 70 mm-Film erzeugt; sie können vergrößert und zu Farbbildern zusammengesetzt werden, die jedermann bei der NASA kaufen kann. Diese rein photographisch verarbeiteten Bilder haben jedoch den Nachteil, daß der Informationsgehalt der Aufnahmen bei weitem nicht ausgenutzt wird. Um alle vorhandenen Informationen verwerten zu können, werden die Daten auf Computer-compatible Magnetbänder (CCT) umgesetzt. Für die Strahlungsintensität jedes Pixels, d. h. für den Grauton im Bild, steht ein 8-bit-Wort zur Verfügung. Zur besseren Manipulierbarkeit der Daten wird jede Szene in 4 Streifen in Flugrichtung aufgeteilt, jeder Streifen enthält dann 800x2340 pixel. Je 2 Streifen werden auf ein Standard-CCT umgespielt.

    Bildverarbeitung bei PRAKLA-SEISMOS

    Seit mehreren Jahren werden bei PRAKLA-SEISMOS magnetbandgespeicherte Satellitenaufnahmen zu Bildern verarbeitet. Zu unserem Kundenkreis zählen u. a. Planungsbehörden und Explorationsfirmen. Sie verwenden die Bilder für Zwecke der großräumigen Siedlungs- und Grünplanung und als Informationsquelle für geologische Kartierungen. Über derartige Anwendungen wird demnächst berichtet werden.

    Die Bildverarbeitung in unserem Hause stützt sich auf den Plotter PRAKLA-SEISMOS KPU mit integriertem Kleinrechner PDP. Der KPU ist ein Trommelplotter (wir haben im Report 2/73 darüber berichtet), auf dessen rotierende Trommel Film oder Fotopapier von maximal 1 x 1 m Größe aufgespannt wird. Das Fotomaterial wird mit einem Kathodenstrahlrohr (CRT) beschriftet, das auf einem spindelgesteuerten Schlitten montiert ist. Dieses Kathodenstrahlrohr und der Spindelmotor werden durch den Rechner PDP 11/34 über Programme gesteuert. Das CRT vermag in mehreren seismischen Schriftarten zu schreiben. Für die Bildausgabe wird die Dichteschrift verwendet: Die Bildzeilen können in mehreren Spurbreiten (0,1; 0,2; 0,4; 0,8 . . . 3,2 mm) mit variablem Grauwert wiedergegeben werden. Entsprechend der Spurbreite wird die Spurlänge gewählt, um einen homogenen Bildmaßstab zu erreichen. Danach ergeben sich Maßstäbe von 1:800 000 bis 1:25 000.

    Es ist jedoch nur in Ausnahmefällen sinnvoll, Bilder in Maßstäben größer als 1:200 000 darzustellen (z. B. als Deckblätter vorgegebener topographischer Karten), da bei zu großen Pixeln das Bild „zerfällt". Der Maßstab 1:200 000 hat sich für die meisten Fälle als der günstigste erwiesen: die geometrische Auflösung kann voll ausgeschöpft und eine ganze Szene kann noch auf einem Blatt wiedergegeben werden.

    Da sich während des Aufnahmevorgangs die Erde unter der Satellitenbahn nach Osten dreht, beginnen aufeinanderfolgende Bildzeilen jeweils weiter im Westen. Dieser Effekt wird im Plotterprogramm berücksichtigt. In den LANDSAT-Bildern stehen die seitlichen Bildränder also nicht rechtwinklig auf der Zeilenrichtung, sondern sind in unseren Breiten um etwa 2-3° geneigt. Durch Berücksichtigung dieses Effekts erreicht man eine einfache Entzerrung, die jedoch bereits zu einer Maßstabsgenauigkeit von besser als 1% führt.
    LANDSAT, ein Satellitensystem zur Erderkundung
    Bei der einfachen Bildausgabe der einzelnen Spektralkanäle wird die Grauwertverteilung optimiert. Zunächst wird ein „Histogramm" (s. Fig. 2) ermittelt. Dann wird entsprechend der Grauwertverteilung eine optimale Übertragungsfunktion gewählt oder empirisch bestimmt, die den Bildinhalt, das verwendete Fotomaterial und die Kenngrößen des Kathodenstrahlrohrs berücksichtigt.

    Wir haben auf Seite 4 eine besonders interessante Satellitenaufnahme abgebildet, die unser Plotter KPU „gezeichnet" hat und die durch das transparente Deckblatt geographisch und geologisch „eingeordnet" wird. Für den Rücktitel fehlt eine derartige Orientierungshilfe. Wir wollten dem Betrachter den Spaß nicht verderben, ohne Hilfe markante Punkte in einer ihm mehr oder weniger vertrauten „Landschaft" auszumachen.

    Dr. H. Chr. Bachem