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unser Integriertes Navigationssystem mit Datenerfassung und Automatischer Schiffssteuerung für FS VALDIVIA
PRAKLA-SEISMOS Report 4 / 72

Bei geophysikalischen Messungen auf See ist verständlicherweise eine sehr exakte Navigation notwendig. Die erforderliche Ortungsgenauigkeit der Meßpunkte wird aber oft erst durch eine Nachauswertung erreicht. Nur in Küstennähe ist die Navigation mit vorhandenen Radionavigationsketten, wie Decca Hi-Fix in erschlossenen Gebieten, oder speziell aufgebauten XR-Shoranstationen in unerschlossenen Gebieten, genau genug.
In küstenfernen sowie küstennahen Meeresgebieten, die nicht durch Navigationsketten überdeckt sind, war bis vor kurzem eine genügend genaue Navigation unmöglich. Diese Situation hat sich geändert, seit mit dem Satellitennavigationsverfahren eine weltweite Navigation möglich geworden ist:
Vier bis fünf auf Polumlaufbahnen kreisenden Satelliten werden in regelmäßigen Abständen die jeweiligen Bahndaten von Bodenstationen eingegeben. Diese Bahndaten werden von den Satelliten wiederum kontinuierlich abgestrahlt und können von Schiffen, die sich im Sichtbereich eines Satelliten befinden, zur Positionsbestimmung benutzt werden. Hierbei kann eine Positionsbestimmung nur dann mit hinreichender Genauigkeit durchgeführt werden, wenn das Schiff keine Fahrt macht, weil sich eine derartige Messung über den Zeitraum von ca. 10 bis 20 Minuten erstreckt. Aus dieser Messung wird der geographische Ort des Schiffes ermittelt.
INDAS, Integriertes Navigationssystem mit Datenerfassung und Automatischer Schiffssteuerung
Nach dem Satellitenuntergang ist eine Ortsbestimmung erst wieder möglich, wenn der nächste Satellit aufgeht. Dazwischen liegt aber ein Zeitraum von 30 Minuten bis zwei Stunden. Um ein Schiff an jedem Meßpunkt orten zu können, muß deshalb das Satellitennavigationsverfahren durch ein geeignetes Koppelnavigationsverfahren ergänzt werden. Hierfür bietet sich vor allem das Sonar-Doppler-Verfahren an, bei dem die Geschwindigkeit des Schiffes über Grund in Richtung der Schiffsachse und senkrecht dazu gemessen wird. Der Kurswinkel wird durch einen sehr genauen Kreiselkompaß bestimmt. Die Werte von Satelliten- und Koppelnavigation werden in einem Bordrechner mit Hilfe eines umfangreichen Rechenprogrammes so zusammengefaßt, daß die Schiffsposition zu jedem Zeitpunkt mit großer Genauigkeit zur Verfügung steht.
Das Schiff wird vollautomatisch gesteuert. Das geschieht in der Weise, daß im Rechner ein “Sollkurs” zum nächsten anzusteuernden Punkt errechnet wird und die Ruderanlage automatisch die entsprechenden Befehle erhält.
Zum ersten Mal wurde von PRAKLA-SEISMOS ein derartiges integriertes Navigationssystem, basierend auf Satelliten- und Sonar-Doppler-Navigation, beim Neubau von FS PROSPEKTA installiert. Eine Reihe von Anpaßgeräten (Interfaces) mußte hierfür entwickelt und gefertigt sowie ein umfangreiches Programm geschrieben werden.
Das Zusammenwirken dieser Geräte und des Programms ergibt ein Navigationssystem von einer so hohen Zuverlässigkeit und Genauigkeit, daß folgendes möglich war: Auf der Rückfahrt der PROSPEKTA von der Doggerbank nach Cuxhaven wurden die Koordinaten des Zielhafens dem System eingegeben. Während der ganzen Fahrt wurde das Schiff automatisch gesteuert. Es erreichte die Hafeneinfahrt nach ca. 24 Stunden mit einem Fehler von weniger als einer Seemeile.
Als wir von den Plänen des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft erfuhren, das Rohstoff-Forschungsschiff VALDIVIA mit einem weltweit einsetzbaren genauen Navigationssystem auszurüsten, haben wir uns mit dem inzwischen erworbenen „Know-How" um diese Aufgabe beworben. Den Richtlinien des Ministeriums entsprechend, wurde ein sogenannter Forschungs- und Entwicklungsvertrag (FE-Vertrag) vereinbart. Dieser FE-Vertrag umfaßte die Entwicklung und Lieferung eines integrierten Navigationssystems mit Datenerfassung und automatischer Schiffssteuerung.
Unsere Aufgabe bestand also darin, das im Schelfgebiet erprobte Satelliten/Sonar-Doppler Navigationssystem so zu erweitern, daß es auch im Ozean arbeitet, wo der SonarDoppler nicht mehr den Meeresboden erreicht. Der SonarDoppler ergibt jedoch auch dann noch zusammen mit dem Kreiselkompaß eine Koppelnavigation im sogenannten „water track", allerdings relativ zu einem Wasserkörper mit unbekannter Strömungsgeschwindigkeit.
INDAS, Integriertes Navigationssystem mit Datenerfassung und Automatischer Schiffssteuerung

Diese unbekannte Meeresströmung wird von einem weiteren Navigationssystem, dem von PRAKLA-SEISMOS entwickelten Radio-ANA-Empfangssystem, ermittelt. Die RadioANA, die bereits im Report 1/71 und 3/71 erwähnt wurde, benutzt mindestens zwei vorhandene Navigationssender, auch von verschiedenen Senderketten („interchain"). Im Sommer 1971 hatte die Version ANA-R mit einer eigenen Referenzstation an Land bereits erfolgreich auf dem FS VALDIVIA im Roten Meer gearbeitet. Auf dem Pazifik wurde in diesem Jahr die Version ANA-C eingesetzt, die Loran-C Stationen auf den Hawaii-Inseln ausnutzte.
Das gesamte INDAS System wurde innerhalb von vier Monaten zusammengestellt und im Hafen von Honolulu an Bord der Valdivia installiert. Das Datenerfassungssystem sowie die automatische Schiffssteuerung funktionierten von Beginn an einwandfrei. Wegen der unerwartet schlechten Empfangsbedingungen für Radionavigation war die Benutzung der ANA-C zunächst nicht im vorher geplanten Umfang möglich. Mit der Kombination Satellit / Sonar-Doppler und von Hand eingegebenen Werten für die Meeresströmung wurde jedoch eine Genauigkeit erzielt, welche die Fahrtteilnehmer als besser als ausreichend bezeichneten.
Zur Zeit befassen wir uns mit der Weiterentwicklung der ANA-C-Empfangsempfindlichkeit. Außerdem ist ein Rechenprogramm in Arbeit, das die sogenannte Dreifachintegration ermöglicht. Dabei wird aus den drei unabhängigen Systemen Satelliten-, Sonar-Doppler- und ANA-C-Navigation die Position des Schiffes bestimmt. Eine weitere Verbesserung der Ortungsgenauigkeit ist hierbei zu erwarten. Die Datenerfassung soll ebenfalls ausgebaut werden, um eine beliebige Kombination von insgesamt 35 Gebern abfragen und registrieren zu können.
Die bisher erzielten Erfolge auf den Gebieten der Ortung, Navigation und Datenerfassung machen eine Beteiligung von PRAKLA-SEISMOS an der Ausrüstung von deutschen Forschungsschiffen auch in Zukunft sehr wahrscheinlich.
INDAS, Integriertes Navigationssystem mit Datenerfassung und Automatischer Schiffssteuerung
Forschungsschiff Valdivia