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Erster Einsatz der RADIO-ANA bei einer Forschungsexpedition der 'Valdivia' im Golf von Aden
PRAKLA-SEISMOS Report 3 / 71

Valdivia, Tiefseenavigation

In unserer Werk- und Informationszeitschrift haben wir schon einige Male auf das von PRAKLA-SEISMOS entwickelte ANA-Navigationsverfahren hingewiesen. Im PRAKLA-SEISMOS-Report 1/71 wurde erstmalig die neueste Weiterentwicklung dieses Meßverfahrens, die RADIO-ANA erwähnt, über deren ersten erfolgreichen Einsatz bei der Navigation in Meeresgebieten mit großen Wassertiefen wir heute berichten können.
Die RADIO-ANA benutzt mindestens zwei an Land vorhandene kommerzielle Sendestationen, eine firmeneigene Referenz-Empfangs- und Sendestation, die in jedem Meßgebiet von uns gesondert aufgestellt werden muß sowie eine Empfangsanlage an Bord des Schiffes.
Die Referenzstation und die Bordanlage sind mit je einer Atomuhr ausgerüstet, die ausreichend synchron sind. Die Referenzstation mißt die Frequenz- und Phasenwerte der Fremdsender und sendet sie zur Bordanlage,
Valdivia, Tiefseenavigation
Forschungsschiff Valdivia

wo sie mit den vom Bordempfänger ermittelten Werten verglichen werden. Ein Navigationsrechner ermittelt aus den Differenzen der Werte den Standort des Schiffes.

Kombination von RADIO-ANA mit Satellitennavigation

Im Juni/Juli 1971 wurde die RADIO-ANA bei einer Meßfahrt des Forschungsschiffes ‘Valdivia‘ in Kombination mit der Satellitennavigation im Golf von Aden erstmalig eingesetzt.
Die bei dieser Fahrt erreichte ANA-Ablesegenauigkeit beturg zwar etwa 10 m, doch die absolute Genauigkeit wurde durch die Schwankungen in der Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen innerhalb des langen Weges auf etwa 200 m herabgesetzt.
Diese Genauigkeit ist aber immer noch als beachtlich gut anzusehen, vor allem dann, wenn die großen Entfernungen zwischen Referenz- und Fremdsendern in Betracht gezogen werden. Der Referenzsender stand in Djibouti, als Fremdsender dienten Sender der Decca-Ketten am Südpersischen Golf und der Bombay-Kette in Entfernungen von 1700 bzw. 3200 km!
Warum wurde nicht mit RADIO-ANA oder Satellitennavigation allein gearbeitet? Eine ständige Navigation mit RADIO-ANA ist deshalb nicht möglich, weil sie u. a. durch Dämmerungseffekte unterbrochen wird. Die Satellitennavigation allein läßt im Mittel nur alle 11/2 Stunden eine Positionsbestimmung zu, was bei einer Fahrt mit so vielen Meßpositionen wie dieser nicht ausgereicht hätte. Die sporadische Ortung mittels der Satelliten gibt aber immer wieder die Möglichkeit, die kontinuierlichen Messungen der RADIO-ANA nach ihrem zeitweiligen Ausfall von neuem in das Satellitenmeßnetz einzuhängen. Die Kombination der beiden Verfahren erwies sich hiermit als besonders geeignet, eine genaue Navigation über große Entfernungen und große Flächen in Gebieten der Tiefsee sicherzustellen.

Das Forschungsschiff 'Valdivia'

Die Valdivia wurde aus einem Fischfänger, einem Hecktrawler, im Auftrage einer Partenreederei, bestehend aus Tochtergesellschaften der Preußag AG (50%) und der Metallgesellschaft AG (50%) zu einem Forschungsschiff umgebaut (Wert rund 12 Millionen DM).
Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft hat die Valdivia am 7. Dezember 1970, zunächst für vier Jahre, für die Meeresforschung gechartert. Mit der Durchführung der ersten Forschungsfahrt wurde die Preußag AG beauftragt.
Die Preußag besitzt im Roten Meer eine vom Sudan erteilte Konzession auf Erzschlämme. In dieser Konzession wurde mit den Messungen begonnen.

Valdivia, Tiefseenavigation
Die Erzschlämme sind eine geowissenschaftlich hochinteressante Lagerstätte, die für die Versorgung der Wirtschaft mit Zink (Anteil von 5\%) und Kupfer (Anteil von 2,5\%) noch große Bedeutung erlangen kann. Andere Metalle, wie z. B. Silber, sind ebenfalls enthalten. Geologisch bedeutsam ist die Tatsache, daß diese Lagerstätte, deren Ablagerung auf dem Meeresboden im wesentlichen vor etwa 10 000 Jahren begann, noch heute in Entwicklung ist. In 2000 m Tiefe steigen aus dem Meeresboden ‘hydrothermale‘ Lösungen auf, die sich mit dem Meerwasser zu den Erzschlämmen verbinden. Die Lagerstätte hat bisher eine Mächtigkeit von im Mittel 30 m erreicht. Die ‘Valdivia‘ Expedition gab den ersten wissenschaftlich exakten Einblick in den Ablauf dieses Ablagerungsprozesses, von dem man noch bis vor kurzem glaubte, daß er nur im Erdinnern stattfinden könnte.
30 Tonnen Erzschlamm wurden gewonnen, die den Technikern der Preußag ermöglichen, gleichzeitig 15 verschiedene Verfahren zu ihrer Aufbereitung zu erproben.
Bei diesem ersten Vermessungsabschnitt sowie bei einem zweiten im südlichen Roten Meer wurden für die Navigation eine Hifix-Kette von PRAKLA-SEISMOS eingesetzt. F. Sender erprobte bei der zweiten Messung außerdem die RADIO-ANA für den Einsatz im Golf von Aden.
Die exakte Vermessung des Meeresbodens wurde mit dem Schelfrand-Echolot der ‘Elac‘, Kiel, durchgeführt, das durch die scharfe Bündelung der Schallsignale (Abstrahlwinkel 1,4°) genaue Angaben sowohl über die Struktur der Wasserschichtung als auch über die Gestaltung des Meeresbodens liefert. Seine Eindringtiefe beträgt 6000 m, also weit mehr als für die mittleren Wassertiefen von 2000 m im Roten Meer erforderlich war.
Das Bild auf der nächsten Seite gestattet eine Beurteilung der großen Abbildungsschärfe des Schelfrandlotes.
Im dritten Teilabschnitt der Vermessung im Golf von Aden wurden über 100 Bodenproben entnommen, aber hauptsächlich der Meeresgrund kartiert. Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche vor allem aber wirtschaftliche Kartierung war eine genaue Navigation, die durch den Einsatz des kombinierten Satelliten-RADIO-ANA-Verfahrens ermöglicht wurde.

Lotmessungen im Roten Meer
Valdivia, Tiefseenavigation
Schelfrandlot 30 KHz. (narrow beam) Sedimentlot 18 KHz. (nicht gebündelt)

Eine Weiterentwicklung unseres RADIO-ANA-Verfahrens ist vorgesehen. In Zukunft ist auch an die Verwendung von LORAN-C und OMEGA-Sendern gedacht.
Bei Benutzung von atomuhrgesteuerten LORAN-C- und OMEGA-Sendern kann auf die Satelliten sowie auf die Referenzstation verzichtet werden. LORAN-C-Sender stehen z. Zt. in der nördlichen Nordsee, im nördlichen Mittelmeer, im Nordatlantik und im Nordpazifik zur Verfügung. OMEGA-Sender arbeiten mit Wellen sehr großer Länge und Reichweite. Z. Zt. senden vier Stationen in Norwegen, USA, Panama, Hawaii. Bis zum Jahre 1974 sollen vier weitere OMEGA-Sender installiert werden, womit der ganze Erdball überdeckt ist.

Vom 18. September bis 5. Oktober 1971 wurde eine Versuchsfahrt mit der ‘Meteor‘ in der nördlichen Nordsee durchgeführt, um die Kombination von RADIO-ANA mit LORAN-C-Sendern und OMEGA-Sendern zu testen.