Report Datenbank php 7.x aufrufen SEESEISMIK ALS ERGÄNZUNG VON ÜBER LAND ERWORBENEN ERKENNTNISSEN
Prospekt der PROSPEKTA, 1956
Seeseismik in der Nordsee

Die stürmische Entwicklung der seismischen Messtechnik in dem letzten Jahrzehnt und die durch sie erreichten sichtbaren Erfolge haben die Grundlage dafür geschaffen, dass seismische Untersuchungsarbeiten auch auf die See hinausgetragen werden konnten. Tatsächlich erstrecken sich geologisch interessante und als Lagerstätten deutbare Strukturformen unterirdisch auch jenseits der Festlandgrenzen in die vorgelagerten Schelfgebiete, die damit ein enormes wirtschaftliches Potential darstellen. Für die geophysikalischen Messungen sind zunächst die Gebiete im nächsten Küstenbereich von unmittelbarem Interesse, da hier an die Resultate der bis an die Küste vorgetriebenen Arbeiten angeknüpft werden kann. In zweiter Linie kommen in einem immer stärkeren Maße Untersuchungen außerhalb der Hoheitsgrenzen und in offener See in Frage. Hier stehen im wesentlichen zunächst rein wissenschaftliche Interessen im Vordergrund, da größere Wassertiefen der Ausbeutung von z. B. Erdöllagerstätten Grenzen setzen. Aber auch für die Klärung von geologischen Voraussetzungen für küstennahe Bohrpunkte sind regionale, weit in die See vorgetriebene Untersuchungen von großer Bedeutung. Als in Deutschland das Problem in den Vordergrund rückte, in der Ost- und Nordsee die Fortsetzung von über land festgestellten Strukturen usw. zu ermitteln und darüber hinaus die Verhältnisse an deren Flanken kennenzulernen, entwickelte die PRAKLA eine für die Durchführung von refraktions- und reflexionsseismischen Seemessungen in gleicher Weise geeignete Apparatur. Somit führte die PRAKLA als erste geophysikalische Gesellschaft in europäischen Seegebieten reflexionsseismische Messungen durch, deren Ergebnisse es ermöglichten, den Verlauf der in großen Tiefen unter dem Meeresboden befindlichen Schichten zu erkennen und die Zusammenhänge zu deuten.
Seegeophysik PROSPEKTA 1956
So konnten bei Untersuchungen, die sich über mehrere Jahre erstreckten und sich bis weit in die hohe See ausdehnten, reiche Erfahrungen gesammelt werden, die sowohl der Weiterentwicklung geeigneter Apparaturen als auch der Ausbildung des zur Anwendung gekommenen Verfahrens zugute kamen. Bei den nach der reflexionsseismischen Methode arbeitenden Anlagen für Seemessungen der PRAKLA werden für die eigentlichen Messungen zwei Boote benötigt. Das erste Boot, das Meßboot, zieht ein schwimmendes Meßkabel hinter sich her, an dem die Geophone, hier Hydrophone genannt, befestigt sind. Auf diesem Boot befinden sich die Registrierapparatur, meistens durch Magnetbandaufzeichnung ergänzt, die Ortungsgeräte und die Zentralstellen der Funklinien. Der Navigationstechniker sorgt in Verbindung mit dem Schiffssteuermann für eine möglichst genaue Einhaltung der vorgeschriebenen Profillinien und der festgelegten Schusspunkte.

Die gesamte Leitung der Messungen erfolgt von dem Meßboot aus, auf dem der Meßleiter alle Operationen durch Funk lenkt. Parallel zum Meßboot läuft das zweite Boot, das Schießboot. Auf ein drahtloses Kommando vom Meßboot bringt es an einer genau festgelegten Stelle die Sprengladung zu Wasser und läuft noch 100 m weiter. In dem Augenblick, in dem die Hydrophonanlage sich bei gestopptem Meßboot auf Schußposition befindet, liegt die Ladung genau der Hydrophonmitte gegenüber. In diesem Moment wird die Sprengladung vom Schießboot aus gezündet, und die Registrierung erfolgt. Der Zeitpunkt der Sprengung wird vom Schießboot aus auf die Registrierapparatur drahtlos übertragen. Seegeophysik PROSPEKTA 1956
Seeseismik in der Ostsee

Wenige Sekunden nach der Sprengung nehmen beide Schiffe wieder Fahrt auf und steuern auf die nächste Schußposition zu. Aus Gründe der Sicherheit wird im allgemeinen noch ein drittes Schiff eingesetzt, das als Sicherheitsboot dafür zu sorgen hat, daß der Meß- und Schießvorgang störungsfrei abgewickelt werden kann, und daß er durch fremde Schiffe oder Fischer ungefährdet bleibt. Bei Messungen auf See fällt das an land so zeitraubende Bohren von Schußlöchern fort, und der Arbeitsfortschritt kann daher beträchtlich hochgeschraubt werden. Wichtig ist nur, daß die Sprengladungen stets in einer ganz bestimmten Wassertiefe gezündet werden.

Es muss hierbei ein Kompromiß eingehalten werden zwischen einer bestmöglichen Verdämmung und der Gefahr der Bildung von Mehrfachimpulsen durch pneumatische Schwingungsvorgänge infolge der Sprenggasebildung nach der Explosion, "Blubber" genannt. Diese können dazu führen, daß die erhaltenen Seismogramme .durch Wiederholung und Überlagerung der Reflexionsfolgen unleserlich und wertlos werden.

Bei günstigen Wetter- und Wasserbedingungen sowie größeren Profil längen lassen sich Schußfolgen von etwa 3 Minuten und Tagesleistungen von 120-150 Schüssen erzielen. Entscheidend ist hierbei vor allem das Wetter. Es kann vorkommen, daß wegen schlechter Sicht oder starkem Seegang die Arbeiten völlig ruhen müssen. Nicht zuletzt ist die Grenze der Arbeitsmöglichkeit durch die Seetüchtigkeit der Schiffe und die Standfestigkeit des auf diesen arbeitenden PRAKLA-Personals gegeben. Ein wichtiges Kapitel, das viel Aufwand erfordert, stellt die Ortung auf See, d. h. das genaue Einhalten der vorgeschriebenen Meßprofile bzw. die ortsgenaue Bestimmung der Schußpunkte auf See, dar. In küstennahen Gebieten genügen optische Winkelmessungen von Land aus, die jedoch den Nachteil haben, daß sie nur bei klarem Wetter anwendbar sind. Deshalb werden von der PRAKLA in letzter Zeit nicht nur für Messungen auf hoher See, sondern auch für küstennahe Bereiche elektromagnetische. oder elektronische Navigationsmittel wie das DECCA- oder LORAC-Verfahren eingesetzt.
In den 8 Jahren der PRAKLA-Seemessungen sind beträchtliche Teile der deutschen Küstenbereiche vermessen worden. In der Ostsee wurden große Gebiete von der Kieler Bucht ostwärts bis an die Hohwachtbucht und nordwärts über die Eckernförder Bucht bis in die dänische Grenze und in die Geltlinger Bucht hinein gearbeitet. Auch in der Nordsee sind umfangreiche Flächen im Bereich der Deutschen Bucht, von Pellworm südlich bis in die Elbemündung im Raume Cuxhaven vermessen worden.
Seegeophysik PROSPEKTA 1956
Küsten-AnlageHochsee-Anlage
1 Messkabel1 Meßkabel
2 Schwimmbojen2 Hydrophone
3 vertikale Hydrophonzuführung3 Gummiseil
4 horizontale Hydrophonzuführung4 Schwimmer
5 Bleikugel
6 Geophon im Schwimmkörper

Außer diesen Arbeiten im Inland wurde auch im Ausland an der holländischen Westküste seeseismisch gearbeitet. Die bisher untersuchten Küstenbereiche sind in den zwei Obersichtskarten dargestellt.

Der entscheidende Teil der technischen Ausrüstung für seismische Seemessungen stellt die Hydrophonanlage dar. Die ersten amerikanischen Meßsysteme verwendeten wasserdicht gemachte Kabel und Geophone, die zusammengeschaltet auf dem Meeresboden von Schußpunkt zu Schußpunkt gezogen wurden. Heute verwendet man schwimmende Hydrophonanlagen, bei denen sich die schallempfindlichen Hydrophone in bestimmten Abständen unter der Wasseroberfläche befinden.

Seegeophysik PROSPEKTA 1956
Die PRAKLA verwendet je nach den besonderen Meßbedingungen Küsten- oder Hochsee-Meßanlagen. Die Küstenanlage besteht aus einem Schwimmkabel, an dem in bestimmten Abständen flunderartige Schwimmkörper als Geophonträger kardanisch aufgehängt sind, und umfaßt 12 Kanäle. Von den Hochseeanlagen stehen zwei unterschiedliche Anlagen zur Verfügung. Zunächst eine 24 spurige, 4 fach gebündelte Anlage mit Druckempfängern, die an dem Schwimmkabel direkt befestigt sind, und schließlich eine Anlage mit 16 Kanälen und 20 facher Bündelung, bei der die piezoelektrischen Systeme in dem Kabelmantel eingearbeitet sind.
Die ersten reflexionsseismischen Seemessungen der PRAKLA wurden mit dem Forschungs- und Vermessungsschiff "Gauß" des Deutschen Hydrographischen Instituts Hamburg, unternommen, für das diese Messungen auf See von besonderem Interesse war. Dann wurden für die Messungen vor allem in Küstennähe normale Schiffe speziell als Meßschiff eingerichtet, bis die PRAKLA ein eigenes Schiff in Dienst stellte, das speziell für geophysikalische, insbesondere für seismische Messungen eingerichtet ist, womit den Technikern der PRAKLA ein hervorragendes Hilfsmittel zur Durchführung ihrer Aufgaben in die Hand gegeben ist. Es heißt "PROSPEKTA"
Seegeophysik PROSPEKTA 1956