Report Datenbank php 7.x aufrufen Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel
Rundschau Nr.32, 1967

2. Teil
Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel (II)
In einem Plastikschlauch von 52 mm Außendurchmesser sind innen ein Stahlseil, das den Schleppzug aufzunehmen hat, und ein Kabelstrang eingezogen, der die Verbindung zwischen den Hydrophon-Gruppen und der seismischen Apparatur herstellt. Auf Stahlseil und Kabelstrang sind Hydrophone und in kurzen Abständen Formstücke aufgereiht, die beim Aufwickeln auf der Kabeltrommel ein Zusammendrücken des Plastikschlauches verhindern. Die Zwischenräume zwischen diesen Bauelementen sind mit einem sehr dünnflüssigen, leichten Oel ausgefüllt, das für den notwendigen Auftrieb zu sorgen hat und das dem Kabel die Bezeichnung "Oelstreamer" eintrug. Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel (II)
Die Hydrophone, die bei uns entwickelt und gefertigt wurden, haben sich als sehr gut und robust erwiesen. Sie arbeiten nach dem magnetostriktiven Prinzip. Aus einem Spezialblech sind dünnwandige Zylinder geformt, die ringförmig mit Kupferdraht bewickelt und mit Gießharz vergossen werden. Die notwendige Vormagnetisierung besorgen eingebaute Dauermagnete.

Auf die Oberflächen der Hydrophone einwirkende Schallwellen drücken die Bleche mehr oder weniger stark zusammen. Dadurch wird die Zahl der magnetischen Kraftlinien, die kreisförmig in den Blechen verlaufen , geändert. In den die Kraftlinien umschlingenden Windungen entstehen dann elektrische Spannungschwankungen, die in ihrem zeitlichen Verlauf genau den Druckschwankungen der empfangenen Schallwellen entsprechen. Diese Spannungsschwankungen werden über die Adern des Kabels den Registriergeräten zugeleitet und dort zum Seismogramm "umgewandelt" (s. Skizze).

Je 32 solcher Hydrophonspulen wurden in Längsrichtung des Kabels über 30 m verteilt und zu einer Hydrophon-Gruppe zusammengeschaltet. Die Zahl der Hydrophon-Gruppen wurde im Oelstreamer auf 24 erhöht und damit der Meßanordnung auf dem Lande angeglichen.
Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel (II)
Aus fertigungstechnischen Gründen mußte der Oelstreamer aus vielen kurzen Teillängen zusammengesetzt werden. Zunächst stand eine Ausführung mit 32 m Gruppenabständen und einer Gesamtlänge von ca. 800 m zur Verfügung, die aus 64 m langen Teilabschnitten bestand. Jeder derartige Abschnitt enthielt 2 Hydrophon-Gruppen.

Später kam eine zweite Ausführung mit 50 m Gruppenabstand und einer Gesamtlänge von bereits ca. 1200 m hinzu, die aus 50 m langen Teilen mit je einer Hydrophon-Gruppe aufgebaut war.

Die Qualität der mit dem Oelstreamer erhaltenen Reflexionen übertraf die bisher erzielten Ergebnisse bedeutend. Von der anwendungstechnischen Seite kamen jedoch immer die gleichen Klagen: Schon bei kleinen mechanischen Verletzungen des Plastikschlauches lief das dünnflüssige Oel aus, so daß nach Zuschweißen der Leckstellen wieder Oel nachgefüllt werden mußte. Die nicht vermeidbare Verschmutzung des Schiffsdecks mit Oel war nicht gerade angenehm.

Als Ersatz für das Oel wurde also ein Stoff gesucht, der einerseits fest sein und andererseits ein so geringes spezifiches Gewicht haben sollte, daß er für genügend Auftrieb sorgt. Bei unseren schwimmfähigen Schießkabeln, bei einem der amerikanischen Meßkabel und in geringem Umfang bei unserem Oelstreamer waren bereits geschäumte Kunststoffe als Auftriebsmittel eingesetzt worden. Warum sollte ein Kunststoffschaum nicht auch für unsere Streamer geeignet sein? Wie immer in solchen Fällen gab es viele Wege um ans Ziel zu kommen. Aber heute wissen wir, daß der von uns eingeschlagene Weg sich gelohnt hat, obwohl er nicht der einfachste war. Denn er war mit einer völligen Umkonstruktion der Bauelemente verbunden.

Zunächst also wird ein Stahlseil mit einem Kunstoffmantel umspritzt, darum legen sich 46 Adernpaare, dann wieder ein Kunststoffmantel und schließlich zwei Mäntel aus Kunststoffschaum. Dieses "Rohkabel" wird für uns von einem Kabelwerk gefertigt, dann in unserer Kabelwerkstatt mit Hydrophonen bestückt, darauf wieder im Kabelwerk mit zwei Kunststoffmänteln umspritzt und schließlich bei uns noch an seinen Enden bearbeitet.

Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel (II)
Wie aus diesem Werdegang zu ersehen, bestand der wesentliche Trick darin, die Hydrophone und die zu ihrem Einbau erforderlichen Bauelemente so zu gestalten, daß sie nach Herausschneiden eines Stückes Kunststoffschaum von außen aufgesetzt werden können. Die Hydrophone wurden deshalb aus zwei Halbschalen aufgebaut , die mit Hilfe von zwei ebenfalls halbzylindrischen Kunststoffteilen auf dem Kabel verklammert werden. Die Formstücke, zwischen denen die Hydrophone eingebaut werden, sind wieder - wie bereits beim Oelstreamer - zweiteilig, die Gummipuffer, die eine Federung zwischen Formstücken und Hydrophonen darstellen und Verbindungsleitungen aufzunehmen haben, sind nur an einer Stelle aufgeschnitten.

Viele technische Einzelheiten wären noch zu nennen, z. Beispiel die Kupplungsstellen der einzelnen Kabelabschnitte, wo Stahlseile und elektrische Leitungen miteinander zu verbinden sind . Es soll nur noch erwähnt sein, daß dort kleine elektrische Druckmeßgeräte eingebaut werden, mit deren Hilfe an Bord des Schiffes die Kabeltiefe abgelesen werden kann.

So entstand also der "PRAKLA-Schaumstreamer", mit dem wir auch den Wunsch nach längeren Meßkabeln erfüllen konnten, weil der Außendurchmesser wegen der sehr geringen Dichte des Kunststoffschaumes stark reduziert werden konnte; er beträgt nur noch 42 mm.

Die gewissermaßen kontinuierliche Erzeugung des Kabels gestattet es, bis weit über 1000 m lange Teillängen herzustellen. Um aber möglichst viele Anwendungsmöglichkeiten zu erhalten, wird ein Schaumstreamer aus 4 gleich langen Teilen zusammengesetzt, wovon zwei mit je 12 Hydrophon-Gruppen und die zwei anderen mit je 6 Hydrophon-Gruppen ausgerüstet sind. Die Leitungsführung ist so ausgelegt, daß die Teillängen in beliebiger Reihenfolge zusammengefügt werden können. Die Hydrophon-Gruppen bestehen wieder aus 32 Einzelhydrophonen, die in ähnlicher Weise wie beim Oelstreamer über eine Strecke von 30 m verteilt sind.

Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel (II)
Wozu nun die verschiedenen mit Hydrophon-Gruppen bestückten Teillängen? Sie ermöglichen nämlich, gleichzeitig mit zwei seismischen Apparaturen zwei Seismogramme mit je 24 Spuren aufzunehmen! Einmal mit den 24 Hydrophon-Gruppen der beiden Teillängen, die je 12 Gruppen enthalten, eine "KurzaufsteIlung" und dann mit jeder zweiten Gruppe dieser Teillängen und mit den 12 Hydrophon-Gruppen der beiden anderen Teillängen eine "Langaufstellung" mit dem doppelten Gruppenabstand. Die Gründe, die dies wünschenswert erscheinen lassen sowie die Bedeutung der "Wasserschall -Hydrophone" sollen hier nicht dargelegt werden, um den Rahmen dieses Beitrages nicht zu sprengen.

Bei der Ausführung mit 32 m Gruppenabstand für die Kurzaufstellung und 64 m für die Langaufstellung ist die Gesamtlänge ca. 1600 m, und bei der Ausführung mit 50 m bzw. 100 m Gruppenabstand ist die Gesamtlänge sogar 2400 m. Mit dieser überdimensionalen Seeschlange ist man wahrscheinlich an der Grenze dessen angelangt was sich, zumindest in der Nordsee, gerade noch technisch einigermaßen handhaben läßt.

Nach nur kurzer Erprobung im Herbst 1964 wurden mit Beginn des Jahres 1965 alle Hochseetrupps der PRAKLA mit dem neuen Schaumstreamer ausgerüstet. Wir können mit Befriedigung sagen, daß dieser Kabeltyp alle Bewährungsproben gut bestanden und die gestellten Erwartungen erfüllt hat.

H. Weichart
Entwicklung der PRAKLA-Seemesskabel Teil 1