Report Datenbank php 7.x aufrufen Prospekta trockengelegt
Rundschau Nr.17, 1962
Prospekta trockengelegt
Die seismischen Seemessungen in der Nord- und Ostsee beschränken sich bis jetzt nur auf die Sommermonate. Bei jeder Messung hatten wir besondere Erlebnisse, von denen die "Landratten" verschont werden. Darüber sind bereits mehrere Berichte in der Rundschau erschienen. Neuerdings ist aber eine unvorhergesehene Attraktion hinzugekommen, die ich in Wort und Bild für die Zukunft festhalten möchte.

Die Besatzung der PROSPEKTA wurde im Laufe der Untersuchungen mit so vielen außergewöhnlichen, nicht alltäglichen Vorkommnissen überrascht, daß die Bevölkerung an einem unserer Aufenthaltsorte uns "Hochseilartisten von Circus PRAKLA" nannte. Diese Bezeichnung ist seitdem in unseren PROSPEKTA-Sprachschatz aufgenommen worden.
Prospekta trockengelegt
Unsere PROSPEKTA-Besatzung bewegte sich anläßlich von Messungen in der Nordsee tatsächlich einmal auf "schiefen Bahnen". Mit den schiefen Bahnen sind diesmal aber die Planken des trockengelegten Meßschiffes "PROSPEKTA" gemeint. Im Laufe der Vermessungsarbeiten vor der Insel Langeoog wurde eines Tages durch ungünstigen Gezeitenstrom und Wind das Meßkabel in die Schrauben verwickelt. Wir befanden uns in diesem Augenblick gerade in einem Meßgebiet mit besonders geringer Wassertiefe. Daher konnten "die Schiffsschrauben nicht gestoppt werden, wenn wir nicht Gefahr laufen wollten, auf dem Grund festzusitzen. Es blieb dem Kapitän keine andere Wahl, als zunächst einmal die an dem ganzen Unheil schuldigen Schrauben außer Gefecht zu setzen, indem er Anker werfen ließ und in Ruhestellung den Schaden am Meßkabel betrachtete. Bei der Besichtigung stellte sich heraus, daß die ersten 150 m des Kabels zu einem dicken Zopf verflochten, und daß außerdem noch weitere ca. 500 m tüchtig vertörnt waren. Soweit man die Situation von oben aus überblicken konnte, war wohl nur eine Schiffsschraube an dem Unheil beteiligt.

Was sollte man nun in einem solchen, in der Praxis noch nie dagewesenen Fall tun? Glücklicher weise war der Kapitän des Seenotrettungskreuzers der Insel Langeoog als Lotse mit an Bord der PROSPEKTA. Er konnte seine Kenntnisse über die Strandverhältnisse unserem Kapitän für die geplante "Strandung" zur Verfügung stellen.

Prospekta trockengelegt
Wir fuhren mit der, wie wir bis dahin noch glaubten, unbeteiligten Schraube an die Südwestseite der Insel Langeoog, setzten das Schiff vorsichtig so weit an Land, bis es sich nicht mehr vom Fleck rührte, in der Erwatung, daß es nach backbord abkippen möge. Inzwischen zog unser Sicherheitsboot das Kabel, so wie es war, noch weiter an Land und ließ es auch stranden.

Wir harrten nun der Dinge, die kommen sollten, und beobachteten fast 3 Stunden lang das ablaufende Wasser. Endlich neigte sich die PROSPEKTA langsam nach backbord, bis das Deck eine Neigung von 18 Grad hatte. Das noch nicht abgelaufene Wasser war allerdings noch immer 1 1/2 m hoch . Wir mußten daher mit dem Schlauchboot an Land, um das Kabel wieder auseinanderzufitzen.

Unsere Schiffsbesatzung fiel, so bald die Schraube frei war, darüberher, um die verwickelten Kabelteile und Drahtseile schnellstens herauszuschweißen. Leider konnten wir jetzt erst feststellen, daß sich beide Schrauben an dem bösen Spiel beteiligt hatten, was die Loslösung des Kabels natürlich wesentlich erschwerte. Es dämmerte bereits, als unsere mühsame Arbeit beendet war. Glücklicherweise war nur eine Kabellänge so zerfetzt worden, daß sie durch eine neue er setzt werden mußte.

Nach getaner Arbeit warteten wir, indem wir uns mit einem kräftigen Schluck stärkten, - es war leider kein Badewetter, welches wir hätten ausnutzen können, - bis sich unser gestrandeter Untersatz wieder in einen schwimmenden verwandelte.

G. Schwamm