PRAKLA-SEISMOS Report 3 / 1972  
 

Wir suchen Arbeitskräfte
nicht älter als 25 Jahre,
jedoch mit mindestens
dreißigjähriger Berufserfahrung
  Auch bei uns in Deutschland scheint sich jetzt langsam die Erkenntnis durchzusetzen, daß nicht ausgenutzte Erfahrung vergeudetes Kapital ist, das nicht nur die Unternehmer, sondern auch letzten Endes alle Arbeitnehmer aufbringen müssen, weil brachliegende Arbeitskraft den Preis der eingesetzten schneller in die Höhe treiben muß als dies bei Ausnutzung des gesamten Arbeitspotentials möglich wäre.

Die Bundesanstalt für Arbeit sieht es z. Zt. aufgrund einer Umfrage als schwierig an -auch in einer Zeit der Vollbeschäftigung -Arbeitnehmern, die älter als 45 Jahre sind, einen Arbeitsplatz zu beschaffen. Daß dies bei Dienstleistungsunternehmen, wie ja wir eines sind, i. A. etwas anders ist, muß in diesem Zusammenhang allerdings gesagt werden.

Personalreferent
des XYZ-Konzerns

Diese Anzeige würde -nach einer von Bundesarbeitsminister Arendt kürzlich gemachten Bemerkung -ohne weiteres möglich sein, wenn die z. Zt. in Deutschland immer noch vorherrschende Einstellung der Industrie wiedergegeben werden soll. Allerdings beginnt sich nun aber auch bei uns in zunehmendem Maße die Erkenntnis durchzusetzen, daß Betriebserfahrung vielleicht doch noch etwas wichtiger ist als Jugend und Dynamik allein.

Der "Jugendkult" ging Mitte der fünfziger Jahre von Amerika aus. Damals gehörte ein 40 Jahre alter Mensch bereits zum alten Eisen. Inzwischen hat man Erfahrungen gemacht und erkannt, daß in vielen Unternehmen viele Dinge viel besser gelaufen wären, wenn anstelle von besonders dynamischen jungen Leuten ältere und damit erfahrenere Menschen an verantwortlichen Stellen gestanden hätten. Heute suchen die amerikanischen und englischen Unternehmen -nach einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Financial Times" -wieder dringend Leute, die ohne langes Training in Führungspositionen eingesetzt werden können, und die aufgrund ihrer Betriebserfahrung in der Lage sind, ihre jüngeren Mitarbeiter davor zu bewahren, auf Kosten ihrer Firmen erst selbst Erfahrungen sammeln zu müssen.

 

Das größte Kapital unserer Gesellschaft ist die Erfahrung seiner Mitarbeiter. Als nach dem Kriege praktisch fast alles an unbeweglichem Besitz durch Zerstörung und Beschlagnahme in Berlin verloren gegangen war, blieb die Erfahrung einiger Mitarbeiter übrig, die allerdings vollauf genügte, unserer Gesellschaft die Wiederaufnahme der Arbeit nach dem Kriege zu ermöglichen.

In unserem Beruf wird von unseren Klienten zunächst nach der Diensterfahrung bzw. nach den Dienstjahren der Leute gefragt, die für sie arbeiten sollen. Das gilt nicht nur für die Supervisor, sondern auch für die Truppleiter, für die Gruppenleiter in der Interpretationsabteilung usw. usw. Die Situation in unserer Gesellschaft unterscheidet sich damit natürlich wesentlich von der in anderen Firmen.

Die Geschäftsführung unserer Gesellschaft hat, in richtiger Einschätzung dieser Tatsachen, der Erfahrung ihrer Mitarbeiter seit jeher die gebührende Bedeutung beigemessen. Dies kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, daß älteren Mitarbeitern, die bereits die Altersgrenze erreicht haben, Gelegenheit gegeben wird, - ihr Wissen zum Nutzen unserer Gesellschaft in freier Mitarbeit weiter zu verwerten - wenn sie dies wünschen und dazu in der Lage sind.