PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 1972  
 
TEUF
Unser Rechenprogramm zur Umwandlung von Zeitsektionen in migrierte Tiefensektionen

Als der Schreiber dieser Zeilen vor 20 Jahren seine ersten Gehversuche in der Reflexionsseismik machte, hatte er die Aufgabe, täglich in etwa 10 großen PapiereinzeIseismogrammen die Reflexionen anzureißen und sie mit Hilfe der Spiegelpunkt-oder Tangentenmethode zu migrieren, d. h. sie in richtiger Tiefenlage darzustellen. Hilfsmittel waren hierbei Zirkel und Maßstab oder auch Wellenfronten-Pläne.

Vieles revolutionierte seitdem die Reflexionsseismik: Analogbandaufzeichnungen, Mehrfachüberdeckung, Digitalregistrierung und die digitale Seismogrammverarbeitung wurden entwickelt. Durch Abspielung der Ergebnisse in Seismogrammsektionen wurde die Auswertung erleichtert. Die Darstellung der Ergebnisse in Tiefenprofilen bezog sich jedoch weiterhin auf die individuell ausgewerteten Reflexionen, wobei das Berechnen und Zeichnen der migrierten Reflexionshorizonte bei PRAKLA-SEISMOS mit dem Programm SLZ-3 bereits seit vielen Jahren preiswert durchgeführt wurde.

Mit dem Programm TEUF ist es nun möglich, jeden einzelnen Impuls der Sektionen zu migrieren, womit die seismisch/geologische Auswertung wesentlich erleichtert wird.

Wir sind überzeugt, daß wir erst am Beginn einer Zeit stehen, in der die Migration von Sektionen zum Kernstück seismischer Arbeiten zählen wird. Die mehr als einjährige Praxis des PRAKLA-SEISMOS-Datenzentrums mit diesem Verfahren hat gezeigt, daß der Prozeß TEUF ausgereift ist und daß sein routinemäßiger Einsatz ständig wächst.

Zum Verständnis des Migrationsprozesses TEUF ist es erforderlich, über das Wesen der Diffraktion Bescheid zu wissen.

Diffraktion tritt auf, wenn ein "Punkt", der sich von seiner Umgebung physikalisch unterscheidet, durch eine reflexionsseismische Messung erfaßt wird. Die Diffraktionseinsätze (Quasi-Reflexionseinsätze) ergeben in der Zeitsektion eine Kurve, die für den Fall konstanter Geschwindigkeiten eine Hyperbel ist; senkrecht über ihrem Scheitelpunkt ist das reflexionsseismische Profil dem Punkt, der die Diffraktion auslöst, am nächsten. Durch den Migrationsprozeß soll nun aus dieser Diffraktionskurve wieder ein Punkt werden. Das erreicht man sehr einfach, indem man alle Diffraktionseinsätze entlang der Diffraktionskurve einsammelt und in ihrem Scheitelpunkt stapelt (s. Abb. 1 und 2).

Damit ist das Programm TEUF eigentlich schon erklärt. In der Tat wird zur Bildung jedes Sampies einer migrierten Spur eine Diffraktionskurve benötigt, entlang der auf bis zu 200 (evtl. sogar noch mehr) Nachbarspuren die dort vorhandenen Amplitudenwerte aufaddiert werden. Diese Diffraktionskurven werden im allgemeinen aus den zur Stapelung benutzten RMS-Geschwindigkeiten (die meist etwas größer sind als die Durchschnittsgeschwindigkeiten) errechnet.

Vor der eigentlichen Migration wird zunächst eine Diffraktionskurvenschar (siehe Abb. 3) errechnet. Die Amplituden, die auf diesen Kurven liegen, werden addiert. Auf diese Weise entsteht Sam pie für Sampie die migrierte Spur.

  TEUF:
Our program for converting time sections into migrated depth sections

When the writer made his first ventures into reflection seismics 20 years ago, he had the task of picking daily the reflections from about 10 large single paper seismograms and migrating them (i. e. presenting them in their true depth positions) with the help of either the "mirror-point", or tangent methods. Aids were rulers and pairs of compasses, and sometimes wave-front charts as weil.

Since then reflection seismics have been revolutionized in many respects. Analog tape recording, multiple coverage, digital recording, and digital processing have been developed. Interpretation has been facilitated by displaying the results as seismogram sections. The presentation of results as depth sections, however, continued to be based on the individual manually picked reflections.

However, it should be mentioned that by means of PRAKLA-SEISMOS' SLZ-3 program the digital calculation and drawing of migrated reflection horizons have been carried out reliably and economically for many years.

With the TEUF program it is now possible to migrate every individual impulse of the sections, which makes the seismicl geological interpretation much easier.

Surely we are only at the beginning of aperiod in which migration of sections will become a principal item in seismics. PRAKLA-SEISMOS' work with this procedure (for over a year) has shown that the TEUF process is now mature, and that its routine use increases steadily.

In order to understand the TEUF migration process it is necessary to know the nature of diffraction. Diffraction occurs when a " point" in physical variance with its surroundings is covered by a seismic survey. The diffraction events (quasi-reflection events) create a curve in the time section which is a hyperbola when seismic velocities are constant; vertically above the crest the seismic reflection line is nearest the point causing the diffraction. By migration, the point is to be regained from this diffraction curve. This is easily achieved by collecting all the diffraction events along the diffraction curve, and stacking them at its crest (see Fig. 1 and 2).

Thus the TEUF program is essentially explained. In fact, to build up a sampie of a migrated trace it is necessary to have a diffraction curve along which the existing amplitude values are added up from the adjacent traces (up to 200 or more). The diffraction curves are generally calculated from the ~MS-velocities used for stacking -these velocities being usually somewhat larger than the average velocities.

For the actual migration, a diffraction curve chart is calculated (see Fig. 3). Each migrated trace is formed sampie by sampie, adding up the amplitudes which lie on these curves.

Diffraktionskurven
Abb. 1
Diffraktionskurven, die von 4 Punkten eines Reflexionshorizontes verursacht sind.

Beachte:
Die 4 Diffraktionshyperbeln des unmigrierten Seismogrammprofils fallen bei richtiger Migration in die 4 blauen Scheitelpunkte.

Diffraction curves caused by four points of a reflecting horizon

Note:
By correct migration the four diffraction hyperbola of the unmigrated seismogram section are brought into the 4 blue apexes.

  Reflexionshorizont
Abb. 2
Derselbe Reflexionshorizont mit 17 Punkten.

Beachte:
Der Reflexionshorizont des unmigrierten Seismogrammprofils verschiebt sich durch die Migration in die Position, die durch die Scheitelpunkte der Diffraktionshyperbeln verläuft (blaue Linie).
The same reflecting horizon with 17 points

Note:
By migration, the reflection horizon of the unmigrated seismogram section moves into a position passing through the apexes of the diffraction hyperbola (blue line).

 
Abb.3


Diffraktionskurven zu Abb. 5 dummy Diffraction curves for Fig. 5

  xx

Abb. 4 Unmigrierte Zeitsektion dummy Unmigrated time section
Abb. 5 Migrierte Zeitsektion dummy Migrated time section
Abb. 6 Migrierte Tiefensektion dummy Migrated depth section
 
 
Unmigrierte Zeitsektion Abb. 4

Migrierte Zeitsektion Abb. 5

Migrierte Tiefensektion Abb. 6

Berücksichtigung von 57 Spuren       Abb. 7a   bei Berücksichtigung von 41 Spuren von 1,5 sec       Abb. 7b

Die Abstände der migrierten Spuren brauchen nicht mit dem Spurabstand des unmigrierten Profiles übereinzustimmen (Kostenpunkt!) ; außerdem können laterale Geschwindigkeitsänderungen -ähnlich wie bei unseren dynamischen Korrekturen -berücksichtigt werden.

Wendet man z. B. auf das in Abb. 4 gezeigte unmigrierte Seismogrammprofil die Diffraktionskurvenschar der Abb. 3 an, erhält man die migrierte Zeitsektion der Abb. 5. Es fällt auf, daß hierbei die in der unmigrierten Darstellung sehr störenden Diffraktions-und Muldeneinsätze, die das Bild zwischen 1.7 und 2.2 sec beherrschen, völlig verschwunden sind und dadurch in der migrierten Darstellung die tektonische Lagerung des Horizontes klar erkennbar wird.

Das tiefenrichtige Verzerren der migrierten Zeitsektion in eine migrierte Tiefensektion ist nun ein verhältnismäßig einfacher Vorgang. Er besteht in dem Stauchen oder Strekken jeder migrierten Spur entsprechend den geologischen Intervallgeschwindigkeiten (Abb. 6).

Natürlich ist -wie bei jedem Processing -die richtige Wahl der Parameter wesentlich, besser gesagt, sie ist entscheidend. Der wichtigste ist die seismische Geschwindigkeit, denn falsche Geschwindigkeiten ergeben falsche Verschwenkungen und falsche Tiefen.

Der Seismiker wünscht eine möglichst gute Auflösung der Horizonte, also eine klare migrierte Darstellung. Hierbei ist die Anzahl der Spuren von großer Bedeutung, die man zum Aufbau der migrierten Spur benutzt: Man muß die Diffraktionskurven mindestens so weit " abarbeiten" , daß die zu migrierenden Horizonte noch zur Tangente an die entsprechenden Migrationskurven werden können. Ein stark "gemischt" aussehendes Ergebnis deutet meist auf eine zu kleine Anzahl erfaßter Spuren hin. Andererseits ergibt ein zuviel an erfaßten Spuren unerwünschte Nebenerscheinungen z. B. Kreisbögen im Hangenden eines starken Horizontes.

 

The intervals between migrated traces do not have to correspond to the trace intervals of unmigrated sections (a question of expense !). Besides, lateral velocity changes can be taken into account -as they are with PRAKLASEISMOS' dynamic corrections.

For example, if the diffraction curve chart of Figure 3 is applied to the unmigrated seismogram section shown in Figure 4, the migrated time section of Figure 5 results. It is noticeable that the greatly interfering diffraction and trough arrivals in the unmigrated display, which predominate between 1.7 and 2.2 seconds, have now completely disappeared. Thus the tectonic stratification of the horizon becomes transparent in the migrated display. The depth-correcting conversion of the migrated time section into a migrated depth section is now a relatively simple procedure. It consists of the compressing or stretching of each migrated trace, corresponding to the geological interval velocities (Fig. 6).

As with al l processing procedures the correct choice of parameters is of course essential, or, to be more accurate, it is crucial. The most important parameter is the seismic velocity as false velocities result in false migrations and false depths.

The seismologist wants the greatest possible resolution of the horizons, i. e. a clearly migrated display. The number of traces used for building up the migrated trace is here of the greatest importance. The diffraction curves have therefore to be "worked over" by the migration process to such an extent that the horizons to be migrated just become tangents to the relevant migration curves. A result which appears strongly "mixed" mainly indicates that too small a number of traces was included. On the other hand, where too many traces are used, undesirable secondary effects appear, e. g. arcs in the overlying layers of a strong horizon.

Berücksichtigung der nicht-linearen Migration       Abb. 7c  
Ausschnitt aus migrierter Zeitsektion
7 a bei Berücksichtigung von 57 Spuren } im Bereich
7 b bei Berücksichtigung von 41 Spuren von 1,5 sec
7 c bei Berücksichtigung der nicht-linearen Migration

Part of migrated time section
7 a using 57 traces } in the range 0 1.5 sec
7 b using 41 traces }
7 c using non-linear migration

Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, ist es wichtig, die Anzahl der abzuarbeitenden Spuren zeitabhängig spezifizierbar zu machen, was neben dem entsprechenden Programm auch eine entsprechende Erfahrung des Bearbeiters voraussetzt. Ein Vergleich der Abb. 7a und 7b zeigt, daß der Bereich zwischen 1.2 und 1.7 sec, der zunächst mit Störschwingungen überlagert war, durch Beschneiden der abzuarbeitenden Spuren in diesem Zeitbereich von 57 auf 41 Spuren wesentlich verbessert werden konnte.

Generell ist zu sagen, daß stark gekrümmte Diffraktionskurven klarere migrierte Bilder liefern als schwach gekrümmte. Die Seismiker wissen, daß die Krümmung der Diffraktionskurven abhängig ist von der Geschwindigkeit (niedrigere Geschwindigkeit ergibt stärkere Krümmung) und vom Geophonabstand bei der Messung (größerer Abstand ergibt stärkere Krümmung).

Es liegt nun nahe, die Optimierung der Ergebnisse ebenfalls dem Programm zu überlassen. Eine Möglichkeit hierzu bietet sich durch Anwendung der nicht-linearen Migration, d. h. der Migration mit Gewichtung nach Kohärenz. Hierbei bleibt das Prinzip des Aufaddierens der Amplitudenwerte längs der Diffraktionskurven erhalten, aber die einzelnen Werte bekommen ein umso größeres Gewicht, je besser die Kohärenz (der " Durchgang") benachbarter unmigrierter Spuren ist. Ein Beispiel dafür zeigt Abb. 7c.

Schließlich sei noch erwähnt, daß das Programm TEUF nicht notwendigerweise -wie in den Abbildungen -von gestapelten oder doch wenigstens dynamisch korrigierten Sektionen ausgehen muß. Es ist auch möglich, eine migrierte Sektion aus dynamisch nicht korrigierten EinzeIseismogrammen aufzubauen, gleichgültig ob diese einer Einfachoder einer Mehrfachüberdeckung angehören.

Hieraus erhellt, daß damit bereits die Weichen für die dreidimensionale Migration gestellt sind. Es ist dann lediglich notwendig, die Bildung einer migrierten Spur von einer zweidimensionalen Abfrage (längs der Diffraktionskurven) auf eine dreidimensionale Abfrage (längs rotierender Diffraktionskurven) umzustellen.

Die erforderliche Ausrüstung steht dem PRAKLA-SEISMOS - Datenzentrum zur Verfügung.

 

To achieve an optimal result it is important to make the number of included traces specifiable in dependency on time ; this demands not only an adequate program but also the appropriate experience in its application. A comparison of Figures 7 a and 7 b shows that the zone between 1.2 and 1.7 seconds, which was overlain at first with noise, could be very much improved by reducing the number of traces included in this time region from 56 to 41.

In general, strongly bent diffraction curves produce clearer migrated pictures than weakly bent ones do. Seismologists know that the curvature of the diffraction curve is dependent on velocity (Iower velocity gives stronger curvature), and from the geophone spacing in the field (Iarger intervals give stronger curvature).

It is natural to leave the optimization of results to the program as weil. A possibility lies in the use of non-Iin~ar migration, i. e. migration with weighting according to coherence. In doing this, the principle of adding up amplitudes along the diffraction curves is retained, but the better the coherence of adjacent unmigrated traces the greater the weight of the individual values.

An example is shown Finally, it should be mentioned that the TEUF program does not necessarily have to start -as shown in the figures -from stacked, nor even from dynamically corrected sections. It is also possible to build up a migrated section from dynamically uncorrected single seismograms, whether or not these come from single or multiple coverage.

It is thus clear that here the points are al ready set for three-dimensional migration. To build up a three-dimensionally migrated trace it is only necessary to perform picking of amplitudes along rotating diffraction curves instead of picking along two-dimensional diffraction curves.

The equipment required for this procedure is available in the PRAKLA-SEISMOS Data Centre.