PRAKLA-SEISMOS Report 1 / 1971  
Mintrop
Dr. Ludger Mintrop, der Begründer der angewandten Seismik
  Fünf
Jahrzehnte
deutsche
angewandte
Geophysik

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Prospektion nach Bodenschätzen, vor allem die Suche nach Erdöl, nur in geringem Maße durch exakt-wissenschaftliche Methoden unterstützt. Erst die bahnbrechende Entdeckung der Refraktionswelle durch Ludger Mintrop leitete eine technisch neue Entwicklung in der Lagerstättenforschung ein. Als Ergebnis seiner Entdeckung meldete Mintrop sein "Verfahren zur Ermittlung des Aufbaues von Gebirgsschichten" am 7. Dezember 1919 mit der Nummer 371 963 zum deutschen Reichspatent an.

Zu seiner wirtschaftlichen Verwertung gründete Mintrop gemeinsam mit einigen deutschen Bergbaufirmen am 4. April 1921, d.h. vor nunmehr 50 Jahren, die "SEISMOS Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Erforschung von Gebirgsschichten und nutzbaren Lagerstätten" mit Sitz in Hannover.

Obwohl bereits vorher angewandte Geophysik mit anderen physikalischen Methoden betrieben worden war, darf die Einführung der Refraktionsseismik in die Lagerstättenforschung als der eigentliche Beginn der modernen angewandten Geophysik angesehen werden.

Träger einer nunmehr fünf Jahrzehnte währenden Tradition in Deutschland waren bislang die SEISMOS Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die PRAKLA Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung GmbH. Die bisherigen Aufgaben bei der Firmen werden ab April dieses Jahres von dee PRAKLA unter ihrer neuen Firmenbezeichnung PRAKLA-SEISMOS GmbH fortgeführt.

Das vorliegende erste Heft des PRAKLA-SEISMOS-Report soll ein Bild der historischen Entwicklung von PRAKLA-SEISMOS und der angewandten Geophysik in Deutschland geben.

  Patent
Erste refraktinsseismische Apparatur

Aufbauen der Apparatur im Zelt, das während der Aufnahme lichtdicht geschlossen werden mußte

Aufbauen der Apparatur im Zelt
Reflexionsseismogramme Shot

Als die SEISMOS in den ersten Apriltagen des Jahres 1921 im Hotel Fürstenhof in Dortmund gegründet wurde, hatte Mintrop mit seinem neuen seismischen Verfahren bereits erste praktische Erfahrungen im norddeutschen Raum gesammelt. Vor der Gründung der SEISMOS existierten drei Firmen, Piepmeyer & Co., ERDA und EXPLORATION, die sich mit der praktischen Anwendung der bis dahin bekannten geophysika•lischen Methoden befaßten. 1925 wurde die ERDA und 1927 die EXPLORATION von SEISMOS übernommen.

Die Startbedingungen der SEISMOS waren infolge der ständig wachsenden Inflation und der Notwendigkeit, das Fachpersonal selbst auszubilden, recht ungünstig. Wie so oft galt der Prophet nichts im eigenen Lande, und so begann der eigentliche Aufschwung der SEISMOS erst in den Jahren 1923 bis 1924, als dem ersten von Mintrop selbst geleiteten Meßtrupp in Oklahoma USA weitere in Texas, Louisiana und Mexiko folgten; die Aera der Entdeckungen von Ölfeldern an verdeckten Salzdomen war damit eingeleitet.

Dieser Abschnitt der intensiven Auslandstätigkeit von SEISMOS fand jedoch nach wenigen Jahren ein jähes Ende durch den Bankkrach an der New Yorker Börse am 24. Oktober 1929, der die bekannte und folgenschwere Weltwirtschaftskrise auslöste.

Alle Trupps, auch die der zur SEISMOS gehörigen EXPLORATION, die auf Drehwaagemessungen spezialisiert war, mußten nach Deutschland zurückkehren. Von den weit über 100 Wissenschaftlern und Technikern, die inzwischen Erfahrungen in Amerika, Asien und Afrika unter allen klimatischen Bedingungen gesammelt hatten, mußten viele entlassen werden. Für SEISMOS und EXPLORATION, die sich zu jener Zeit zum größten Unternehmen der Welt auf dem Gebiete der praktischen Geophysik entwickelt hatten, hörte 1931 zunächst jegliche Auslandstätigkeit auf. Um so intensiver wurde jedoch die Forschungs-und Entwicklungsarbeit betrieben um der wachsenden amerikanischen Konkurrenz erfolgreich begegnen zu können.

Dr. L. Mintrop (rechts) und Dr. F. Trappe (links) in USA. Aufnahme aus dem Jahre 1926

  How it started in USA 1923 Dr. L. Mintrop (rechts) und Dr. F. Trappe (links) in USA
Die ersten Reflexionsseismogramme aus dem Jahre 1933
Aufsicht der Preußischen Geologischen Landesanstalt  

Im Jahre 1934 brachte SEISMOS den ersten feldtüchtigen statischen Schweremesser, das Thyssen-Gravimeter, heraus. Es war von Baron Dr. Stephan von Thyssen-Bornemisza unter engster Mitarbeit von Dr. Alfred Schleusener entwickelt worden, wurde auf der Weltausstellung in Paris 1937 mit der Gold•medaille ausgezeichnet und in fast 100 Exemplaren in der firmeneigenen Werkstätte gebaut und in alle Welt verkauft.

Neben der Refraktionsseismik wurde die Entwicklung von Meßapparaturen zur Anwendung der reflexionsseismischen Methode vorangetrieben, um die sich besonders Dr. Friedrich Trappe verdient machte. Er wurde unterstützt von Dr. Hubert Lückerath, dem 1933 auch die Leitung des ersten deutschen reflexionsseismischen Meßtrupps anvertraut wurde.

Mit den zunehmenden Meßerfolgen wuchs auch das Vertrauen der deutschen Erdölindustrie, des Bergbaus sowie der geologischen Behörden in die angewandte Geophysik. Im Zuge der Autarkiebestrebungen der damaligen deutschen Reichsregierung wurde 1937 unter Aufsicht der Preußischen Geologischen Landesanstalt die geophysikalische Reichsaufnahme in Angriff genommen.

Ein Dutzend Thyssen-Gravimeter vor dem Einsatz im Gelände

Sie sah erstmalig kombinierte Untersuchungen unter Anwendung der seismischen, gravimetrischen und magnetischen Methoden im gesamten ehemaligen Reichsgebiet vor. Als aber zusätzlich eine intensive Exploration auf Erze im deutschen Raum betrieben werden sollte, reichte die Kapazität der SEISMOS nicht mehr aus.

Am 23. März 1937 wurde deshalb aus Mitteln des Deutschen Reiches die "Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung GmbH, Berlin", gegründet. Westlich von Berlin, in Brieselang, wurden Laboratorien eingerichtet, um die eingesetzten Instrumente und Apparaturen weiterzuentwickeln und neue zu bauen. Die aufstrebende Erdölindustrie Deutschlands bewirkte dann auch bald bei der Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung die Aufnahme der Reflexionsseismik in das Arbeitsprogramm. Dr. Friedrich Trappe, der am 1. Juni 1938 von der SEISMOS zur Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung gekommen war, baute zusammen mit Dr. Waldemar Zettel die seismische Abteilung stetig aus, wobei sich Dr. Zettel - wie vorher bei der SEISMOS - der Weiterentwicklung reflexionsseismischer Apparaturen widmete.>

Während des 2. Weltkrieges wurde die Prospektion auf Erze stark eingeschränkt und das zur Verfügung stehende Meßpotential auf die Erdölsuche konzentriert.

  Der Eingang zum ersten Büro der PRAKLA-Zentrale in Hannover im Jahre 1947

Um die Weiterarbeit der Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung nach dem Kriege zu sichern, wurden in den letzten Kriegstagen Instrumente und wissenschaftliches Material nach Westdeutschland ausgelagert. Diese Maßnahme erwies sich später als zweckmäßig, denn im Mai 1945 wurde die Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung GmbH, Berlin, von den sowjetischen Besatzungsbehörden aufgelöst und ihr gesamter beweglicher Besitz nach der UdSSR abtransportiert.

Die SEISMOS war zwar - ebenso wie die Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung in Berlin - gegen Ende des Krieges in Hannover ausgebombt und gezwungen worden, die Geschäftstätigkeit vorübergehend nach Barbis im Harz zu verlegen. Sie hatte jedoch den Vorteil, ihren Sitz in der späteren britischen Besatzungszone - in Hannover - zu behalten. Dies ermöglichte ihr, bereits am 10. April 1946, also fast genau 25 Jahre nach ihrer Gründung, mit einem Reflexionstrupp für die Deutsche Erdöl AG die Feldarbeiten neu zu beginnen.

Am 25. März 1946 übertrugen die Gesellschafter Dr. Waldemar Zettel die Geschäftsführung der Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung und beauftragten ihn, die Firma in
Westdeutschland wieder aufzubauen. Wissenschaftler und Techniker, die den Krieg überlebt hatten, konnten im Frühjahr 1947 die ersten reflexionsseismischen Messungen, dank der
nach dem Westen ausgelagerten Instrumente, für die Gewerkschaft Elwerath beginnen.

Die Gesellschaft für praktische Lagerstättenforschung GmbH hatte inzwischen ihren Sitz von Berlin nach Hannover verlegt und sich bereits im Jahre 1951 in "PRAKLA Gesellschaft für
praktische Lagerstättenforschung GmbH" umbenannt.

Hannover zeichnete sich bereits zu jener Zeit als neues Zentrum der deutschen Erdölindustrie ab; die Stadt beherbergte außerdem die Reste des ehemaligen Reichsamtes für Bodenforschung, Berlin, und das Erdölforschungsinstitut der Technischen Hochschule.

Noch vor der Währungsreform, Mitte 1948, arbeiteten bei PRAKLA und SEISMOS bereits wieder 13 Trupps: 9 reflexionsseismische, 1 refraktionsseismischer und 3 gravimetrische, unter Bedingungen, deren Schwierigkeit heute nicht mehr vorstellbar ist.

Mit der wirtschaftlichen Gesundung der drei westlichen Besatzungszonen nach der Währungsreform weitete sich die Tätigkeit von PRAKLA und SEISMOS schnell aus; alle deutschen Erdölgesellschaften gehörten nun zu ihren Auftraggebern.

Eine hervorragende Hilfe für die Planung der Messungen wurde die inzwischen fertiggestellte Geotektonische Karte von Nordwestdeutschland. Das Amt für Bodenforschung, Hannover/ Celle, hatte die Rechtsnachfolge des Reichsamtes für Bodenforschung, Berlin, angetreten. Auch die Preußische Geologische Landesanstalt war in diesem Amt aufgegangen. Mit Förderung durch die "North German Oil Control" der britischen Besatzungsbehörden faßte nun das Amt für Bodenforschung die Bohrergebnisse und die Ergebnisse der geophysikalischen Reichsaufnahme zu diesem wichtigen Kartenwerk zusammen, das auch im Jahre 1971 immer noch aktuell ist.

Während des Krieges und in den ersten Jahren danach war ein internationaler wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Gedankenaustausch kaum möglich. Die Weiterentwicklung der Instrumente war stark gedrosselt, da alle verfügbaren Fachkräfte in der Feldarbeit eingesetzt werden mußten. Erst 1948 ergab sich die Möglichkeit, die für die Modernisierung des Instrumentariums erforderlichen Verbindungen aufzunehmen. In den stark vergrößerten technischen Abteilungen der beiden Firmen wurden bald darauf seismische Geräte gebaut, die dem Weltstandard entsprachen. Alle Meßtrupps wurden in kurzer Zeit damit ausgerüstet.

Im Jahre 1951 konnten erstmals nach dem Kriege auch wieder deutsche Geophysiker an internationalen Fachtagungen teilnehmen. Auf dem 3. Welt-Erdöl-Kongreß 1951 in Den Haag wurden erste Schritte zur Gründung der EAEG (European Association of Exploration Geophysicists) unternommen, die dann unter starker Beteiligung von Wissenschaftlern der PRAKLA und SEISMOS im Dezember in Den Haag erfolgte. Im Jahre 1952 waren bereits 30 Meßtrupps von PRAKLA und SEISMOS in Deutschland tätig. Das Maximum an Meßtrupps in der Bundesrepublik - über 50 - wurde in den Jahren 1957/58 erreicht; davon waren 46 - meist seismische Trupps - Im Jahre 1963 im Besitz der Firmen PRAKLA und SEISMOS, die übrigen wurden von den Erdölfirmen in eigener Regie betrieben.

Ende 1950 wurde die SEISMOS und im Jahre 1952 die PRAKLA nach mehrjähriger Pause erstmals wieder im Ausland tätig. Der durch den Krieg bedingte Rückstand in der Ausrüstung mit geophysikalischen Instrumenten und Apparaturen war beseitigt. Die deutschen Firmen der angewandten Geophysik waren auf dem Weltmarkt wieder konkurrenzfähig geworden.

Im Jahre 1963 erwarb die PRAKLA GmbH die Anteile der SEISMOS GmbH, um durch den Zusammenschluß der beiden deutschen Gesellschaften der angewandten Geophysik den wachsenden Anforderungen des Weltmarktes begegnen zu können. Es ist das besondere Verdienst von Dr. Waldemar Zettel, der seine Laufbahn in der Geophysik bei der SEISMOS begonnen und in der PRAKLA fast 30 Jahre fortgesetzt hatte, diesen Zusammenschluß betrieben und verwirklicht zu haben.

Die wirtschaftlichen und personellen Vorteile waren offensicht•lich, da die Abteilungen für Entwicklung und Fertigung und der Service sofort zusammengelegt werden konnten. Besondere Vorteile ergaben sich für die Weiterentwicklung des PRAKLA-SEISMOS-Datenzentrums.

Eine gewisse Aufgabenteilung, die sich bereits vor dem Zusammenschluß beider Gesellschaften ergeben hatte, wurde nun weiter ausgebaut. In der Seismik blieben vor allem die Seemessungen und die Vibroseismessungen eine Domäne der PRAKLA, während die Flachwassermessungen und die Untertagemessungen weiterhin von der SEISMOS durchgeführt wurden.

Im Jahre 1960 wurden von der PRAKLA 25% der Anteile der Firma August Göttker Erben, Bohrgesellschaft mbH, erworben. Diese Beteiligung ergab sich nicht nur aufgrund der langen Zusammenarbeit zwischen den Firmen PRAKLA und GÖTTKER, sondern auch in dem Bestreben, Organisation und Entwicklung des Firmenverbandes effektiver zu gestalten.

In den nachfolgenden Kapiteln wird die Entwicklung in einzelnen Zweigen unserer Aktivität kurz behandelt und dabei jeweils auf einige bemerkenswerte Daten hingewiesen.

Erster Reflexionstrupp im Ausland nach dem Kriege 1952 - Erster Reflexionstrupp im Ausland nach dem Kriege. Schwieriges Bohren im Gips auf Sizilien